Weder Legalisierung noch Kriegserklärung

■ US-Drogenexperten suchen einen dritten Weg gegen Schäden, die Drogen und Drogenbekämpfung anrichten. Drogenpolitik hat keinen Einfluß auf Konsum

Washington (taz) – Die öffentliche Debatte über die Drogenpolitik der USA ist hoffnungslos polarisiert und in die Lager der „Krieger“ und „Legalisierer“ gespalten. Damit will die Federation of American Scientists jetzt Schluß machen. Die Wissenschaftlergruppe um Charles R. Schuster, Professor für Psychatrie und neurologische Verhaltensforschung sowie Direktor der Suchtklinik an der Universität in Michigan, trat am Dienstag an die Öffentlichkeit, um einen dritten Weg bei der Bekämpfung jener Schäden zu weisen, die Drogen und Drogenverfolgung gleichermaßen anrichten. Zusammen mit Schuster haben 34 Wissenschaftler und Politiker deshalb ein Manifest für gesunden Menschenverstand in der Drogenpolitik unterschrieben – unter ihnen so bekannte Persönlichkeiten wie William B. Bratton, ehemaliger Polizeipräsident von New York, Avram Goldstein, Nestor der amerikanischen Pharmakologen, und Hamilton Beazley, ehemaliger Direktor des Nationalen Ausschusses gegen Alkohol- und Drogenabhängigkeit.

Im Zentrum der 14 „Prinzipien für eine praktische Drogenpolitik“ steht eine Neubestimmung der Priorität bei der Debatte um Drogen: Drogen richten Schäden an, Drogenbekämpfung auch. Oberstes Ziel müsse es sein, diese zu begrenzen. Das schließe die Schäden ein, die Drogensüchtige sich selbst und der Gesellschaft zufügen, ebenso wie jene, die Strategien zur Bekämpfung der Drogen anrichten. Bloße Schadensbegrenzung aber werde meist als Trojanisches Pferd gewertet – als Duldung und Vorstufe zur Legalisierung. Als sei es nicht schon ein Erfolg, wenn es gelänge, einen Heroinsüchtigen dazu zu bringen, wieder zur Arbeit zu gehen, seine Frau nicht mehr zu schlagen und seine Kinder nicht mehr zu mißhandeln – selbst wenn er noch Drogen nimmt. Maßstab für den Erfolg einer Drogenpolitik sollten nicht Absichten, sondern Ergebnisse sein. Und zu deren Auswertung müßten drogenpolitische Schritte wie wissenschaftliche Experimente organisiert werden – mit Langzeitstudien und Kontrollgruppen.

Ein geradezu klassischer Reflex auf alternative Konzepte sei die Frage nach den Erfolgen von Drogentherapie, als sei die Strafverfolgung das gleichsam schulmedizinische und die Therapie das mißtrauisch beäugte alternative Heilverfahren. Tatsache aber sei, daß auch die Strafverfolgung kaum Erfolge bei der Drogenbekämpfung vorzuweisen habe.

Nichts deutet darauf hin, daß Drogenpolitik irgendeinen Einfluß auf die an- und absteigenden Kurven des Drogenkonsums hat. Der Gebrauch harter Drogen hat in den letzten 20 Jahren ab-, und der Genuß sogenannter weicher Drogen zugenommen.

Wahrscheinlich werde eine bessere Drogenpolitik auch nicht sehr viel anders aussehen als die jetzige, räumte Robert McCoun, Politologe von der Berkeley University, ein. Sie werde die meisten ihrer heutigen Elemente enthalten – Strafverfolgung, Therapie, Vorbeugung, Aufklärung –, nur das Mischungsverhältnis, die Akzente und die Verteilung der Mittel würden anders aussehen. Es gebe kein Patentrezept – als Kreuzzug jedoch sei der „Krieg gegen die Drogen“ nicht zu gewinnen, und die Legalisierung sei dazu ebenfalls keine Alternative. Peter Tautfest