: Berliner Wirtschaft ohne Zukunft
■ In einer Studie über die wirtschaftliche Zukunft Berlins korrigiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die bisherigen Prognosen nach unten. Potentiale liegen in den Bezirken
Die Perspektiven des Standorts Berlin sind düsterer als bislang angenommen. Dies geht aus einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, heißt es unter dem Titel „Wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven Berlins“, „wirkt sich negativ auf die Geschwindigkeit aus, mit der Berlin Rückstände gegenüber anderen Großstädten aufholen kann“. Der seit 1994 zu beobachtende Trend, daß Berlin zu den wachstumsschwächsten Regionen Deutschlands gehört, werde sich fortsetzen. Der Grund: „Generell drohen Regionen, die wie Berlin in hohem Maße auf die Neugründung von Unternehmen und den Zustrom auswärtiger Investoren angewiesen sind, in Phasen der Rationalisierung und Konsolidierung zurückzufallen.“
Ausgangspunkt der DIW-Studie war eine Aktualisierung der bisherigen Prognosen über die wirtschaftliche Zukunft Berlins. Das Fazit: Selbst nach dem Ende der euphorischen Wachstumsannahmen der Nachwendezeit wurden die Chancen Berlins noch immer zu optimistisch betrachtet. „Die Strukturprobleme Ostberlins, die sich aus seiner Zentrumsfunktion in der DDR ergaben, sind unterschätzt worden“, schreibt Kurt Geppert, der Autor der Studie, „während die Möglichkeiten der Westberliner Wirtschaft, als Zulieferer und Dienstleistungsanbieter vom ,Aufschwung Ost‘ zu profitieren, überschätzt wurden.“
Ausführlich widmet sich Geppert auch den Entwicklungsszenarien, die eine „Strukturpolitische Expertenkommission“ bereits 1992 im Auftrag des damaligen Wirtschaftssenators Norbert Meisner (SPD) erstellt hatte. Drei Optionen für die wirtschaftliche Zukunft Berlins hatte die Kommission damals formuliert: die Entwicklung zur „europäischen Dienstleistungsmetropole“, zur „Hauptstadt mit großstädtischer Wirtschaftsstruktur“ oder zum bloßen „Regionalzentrum-Ost“. Noch vor der „tiefen Rezession 1992/93“ (DIW) und unter dem Eindruck ungetrübter Metropolenphantasien hatten die Experten bereits damals empfohlen, kleinere Brötchen zu backen. Sie empfahlen dem Senat, auf die Option „Hauptstadt mit großstädtischer Wirtschaftsstruktur“ zu setzen.
Laut DIW sind diese Brötchen freilich noch immer zu groß. Da sich die „Megatrends“, die die Kommission der „Eintrittswahrscheinlichkeit“ der Szenarien zugrunde gelegt hatte, verschlechtert hätten, werde in der Realisierung des Zielszenarios „zumindest eine Verzögerung eintreten“. Solche Megatrends seien unter anderem der europäische Integrationsprozeß oder die internationalen Migrationsströme.
In der Studie kritisiert das DIW ebenfalls die Bemühungen, mit der Suche nach „Leitbildern“ aus der Talsohle herauszukommen. Es bleibe zu vermuten, „daß das Fehlen eines Leitbilds nur dort als Mangel empfunden wird, wo man nicht mehr weiterweiß“. Solche Bemühungen wären dann „nur ein weiteres Krisensymptom“.
Statt irrealen Leitbildern hinterherzuhängen, schlägt das DIW deshalb vor, die Kräfte auf die Entwicklung technologisch hochwertiger Produktion sowie eines kreativen Stadtmanagements zu konzentrieren. Dabei gebe es erhebliche Potentiale auch „in der polyzentralen Struktur der Stadt“. Um diese zur Entfaltung zu bringen, sei es „möglicherweise sinnvoll, auf das Eigeninteresse der Bezirke und lokalen Akteure zu setzen und ihnen in Teilbereichen mehr Handlungsspielräume zu geben“. Uwe Rada
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