: Zwei Wissen sind besser als Eines
■ Diplomat und Balancemeister: Der chinesische Maler Shan Fan in der Galerie Blänsdorf
„Das Malen ist wichtig, nicht der Maler - die Ruhe ist mein Ausdruck, meine Identität.“Der dies sagt sitzt uns gelassen in seinem Haus in Holm-Seppensen gegenüber. Über Folianten zu alter und neuer chinesischer Malerei gebeugt, erzählt er uns von seinem Versuch, in der chinesischen Tradition lebend europäische Entwicklungen zu verstehen. Sein Name ist Shan Fan: Geboren 1959 in Hang-zhou. Der chinesische Kalligraph und Maler hat nach seiner Ausbildung an der Akademie der Künste Zhejiang auch an der HfbK Hamburg studiert und ist heute Dozent an diversen Kunst-Instituten.
Jetzt werden 30 Arbeiten von ihm gezeigt, die er selbst bescheiden Tuschezeichnungen als Hobby eines Malers nennt. Bewußt bezieht er sich dabei auf eine Tradition der chinesischen Malerei und Kalligraphie, die sein morgendliches Auflockerungs-Programm bildet: Meditation zur alltäglichen geistigen Anwesenheit und zum ästhetischen Genuß. Das klingt einfacher, als es ist: Shan Fan ist ein Meister im Umgang mit den traditionellen chinesischen Kunst-Mitteln: Reispapier, Tusche und Pinsel. Hinter der „einfachen Übung“verbirgt sich die Philosophie des Daoismus genauso, wie der Versuch, Identität zu bewahren. Shan Fan und seine deutsche Frau Angela haben ihrem 1 1/2-jährigen Sohn den Namen Immo gegeben. Der klingt wie das chinesische Yimu und läßt so den Namen phonetisch zwischen den Sprachen schwingen. Die Familie führt zwar ein kosmopolitisches Leben, dennoch legt Shan Wert auf die Besonderheiten und Bewahrung des Chinesischen. Dazu gehört unter anderem, daß in der chinesischen Kunst das Motiv nicht die zentrale Stelle einnimmt wie in der europäischen Malerei. Malen ist eben der Akt des Malens, weil darin der Weg bestimmender als das Ziel ist. Meister der Malerei wird man auch dann, wenn man über Jahrzehnte hinweg denselben Bambusbusch malt. In der Vergeistigung des Striches spiegelt sich dann der individuelle Ausdruck. Shan Fan versucht ihn dahingehend zu steigern, indem er eine Spannung zwischen Transparenz und Dichte aufbaut. Dabei darf jedoch keiner der formalen Gegensätze übermächtig wirken. „Ich bin in der Malerei ein Diplomat“, sagt der Künstler. Shan Fan ist abstrakter Realist, der eine Balance zwischen Asien und Europa sucht.
Denn „eine 100prozentige chinesische Identität wäre für mich auch eine Katastrophe“.
Gunnar F. Gerlach/ Matthias Anton
Eröffnung: Heute, 20 Uhr, Galerie Blänsdorf, Rahlstedt Center, Schweriner Straße 8-12, bis Okt.
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