: Bosnisch-serbische Politiker wieder auf freiem Fuß
■ Nach der verpatzten Anti-Plavsić-Kundgebung in Banja Luka werden führende Karadžić-Anhänger aus der Hotelhaft entlassen. SFOR-Truppen besetzen Kaserne
Banja Luka (rtr/AFP) – Der serbische Vertreter im bosnischen Staatspräsidium, Momcilo Krajisnik, Parlamentspräsident Dragan Kalinić und der Ministerpräsident der bosnischen Serbenrepublik, Gojko Klicković, haben gestern nachmittag das Hotel Bosna in Banja Luka verlassen. Sie wurden von Soldaten der Schutztruppe SFOR und Mitgliedern der internationalen Polizei aus dem Gebäude gebracht. Dort waren die drei Politiker mit etwa 50 bosnisch- serbischen Hardlinern von der Polizei der Präsidentin Biljana Plavsić am Morgen festgesetzt worden.
Die Anhänger des als Kriegsverbrecher gesuchten früheren Serbenführers Radovan Karadžić dürften die Stadt erst verlassen, wenn ihre Leibwächter die Waffen abgegeben hätten, erklärte die Polizei. Mehrere hundert Plavsić-Anhänger buhten die Freigelassenen aus, einige Demonstranten warfen Steine. Der ehemalige Innenminister Dragan Kijac, an dessen Absetzung durch die Präsidentin sich im Juni der Machtkampf entzündet hatte, mußte zunächst in dem Hotel bleiben.
Zuvor hatte ein Mitarbeiter Krajisniks gesagt, die SFOR verlange die Festnahme einiger der Hardliner. Er warf der Schutztruppe vor, demütigende Bedingungen zu stellen. So sollten sich die Karadžić-Anhänger beim Verlassen des Hotels Fingerabdrücke abnehmen lassen.
Am Montag abend hatten Anhänger des Ex-Präsidenten Karadžić trotz eines Demonstrationsverbots versucht, zu einer Kundgebung nach Banja Luka zu kommen. Die meisten der in 30 Bussen Anreisenden wurden von Soldaten der Friedenstruppe SFOR vor der Stadt gestoppt und nicht durchgelassen. Nur etwa 150 Personen kamen bis ins Stadtzentrum. Dort wurden die Demonstranten, unter ihnen Krajisnik und Klicković, von Hunderten Anhängern Plavsić' ausgebuht und zogen sich schließlich unter einem Steinhagel ins Hotel Bosna zurück. Der stellvertretende Bosnienbeauftragte Jaques Klein sagte, es liege auf der Hand, daß die Demonstranten nur Unruhe hätten stiften sollen.
In Radovacke Bare bei Banja Luka besetzten Soldaten der SFOR gestern eine Kaserne einer Sondereinheit der bosnisch-serbischen Polizei. Die Einheit habe sich geweigert, sich gemäß einem Abkommen vom vergangenen Monat der internationalen Kontrolle zu unterstellen, hieß es zur Begründung. Die Polizisten ließen sich widerstandslos entwaffnen und verließen die Kaserne. In der Umgebung von Pale ließ die SFOR mehrere Dutzend gepanzerte Fahrzeuge auffahren, um die Sicherheit in der Region zu gewährleisten, wie es hieß. Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen