: Waffenteile für den Iran aus Bremen
■ Bremer Metallhandels-Firma Niemann von Staatsanwaltschaft durchsucht / Vorwurf: Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz / Iranischer Geheimdienst unterhielt Waffen-Geschäfte
Im ehemaligen Hohentorshafen, am früheren Anleger des Schulschiffes Deutschland, hat die Firma Henry Lamotte ein Lager. „Holz und Form“tischlert dort Möbel. Direkt daneben residiert die Firma „Hanseatischer Metallhandel Manfred J.C. Niemann“. Die Firma gab sich gestern äußerst zugeknöpft. „Die Herren sind in einer Besprechung“, meinte die Sekretärin auf die Frage nach der Geschäftsführung. 30 Minuten später hieß es: „Die Herren sind außer Haus“, und „heute geben wir keine Stellungnahme ab“. Nicht einmal zu der Art des Metallhandels war eine Auskunft zu erhalten. Der Zutritt zum Flur der Firma wurde versperrt. Betriebsrat? „Welcher Betriebsrat?“, fragt die Stimme in der Telefonzentrale. An der Tür stehen noch zwei weitere Firmenschilder: „Hanseatische Metal Data“und „Manfred J.C. Niemann Marine Division“.
Seitdem die Geschäftsleute von Journalisten erfuhren, daß ihre Firma in der neuen Ausgabe des Magazin Stern zweifelhaftem Kontext erwähnt wird, sind sie offensichtlich nervös geworden. Die Bremer Firma Niemann, so berichtet die Illustrierte heute , wurde am 28. April von der Kölner Staatsanwaltschaft durchsucht. Vorwurf: Die Firma soll Aluminium-Stangen, wie man sie auch für die Herstellung von Waffen benötigt, in den Iran exportiert haben. Und das offenbar wissentlich illegal: Eine Exportgenehmigung, so der Stern, sei vorher beantragt und verweigert worden. Das Geschäft sei trotzdem abgewickelt worden. Die Kölner Staatsanwaltschaft ist einem komplizierten Netz von iranischen Rüstungsgeschäften auf der Spur. Denn der iranische Gemeindienst und die „Defence Industries Organisation“(DIO) haben nach einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes, aus dem der Stern-Bericht zitiert, ein perfektes System der Tarnung aufgebaut: Rund um die Welt werden meist harmlos erscheinende Technologien und Waren aufgekauft, viele davon als „Dual Use-Goods“eingestuft. Zum Teil über verschlungene Wege landeten die eingekauften Gegenstände letztlich in den Rüstungsbetrieben der DIO im Reich der Mullahs. Dank der Tarnung können die meisten der betroffenen Betriebe sagen, vom militärischen Zweck des Geschäftes oder dem Bestimmungsort der Waren nichts gewußt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft Köln hat auf 150 Seiten den Bonner Ministerien für Wirtschaft und Finanzen über ihre Ermittlungen berichtet. Kernstück des Berichtes ist eine Liste von 400 Firmennamen, die in den Unterlagen der aufgeflogenen DIO-Connection auftauchen. Über Jahre hat nach dem Bericht eines Stern-Redakteurs Außenminister Kinkel sein Händchen über das Düsseldorfer-DIO-Büro gehalten, das eine Art Zentrale für Europa gewesen sein soll. Im Oktober 1996 durchsuchte die Oberfinanzdirektion Düsseldorf die DIO-Zentrale und beschlagnahmte Akten mit verschlüsselten arabischen Schriftzeichen. Als die Fahnder einen Monat später wiederkamen, waren die DIO-Agenten weg – nach Teheran geflohen. Sie hatten im Büro hunderte von leeren Aktendeckeln mit Firmennamen hinterlassen. Auf einem der Aktendeckel steht der Name der Firma Niemann. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen