6.380 Mark pro Computer?

■ Kitas sollen Computer bekommen / Sozialdeputation versteht die Welt nicht mehr

Bremens Sozialbehörde will Bürokratie abbauen, in jeder Kita soll ein Computer stehen, auf dem Beiträge ausgerechnet und Kosten und Leistungsrechnung der Einrichtung betrieben werden können. So steht es in einer Beschlußvorlage der Sozialdeputation, die gestern für helle Empörung in der Sitzung sorgte.

Nicht, daß die Kitas nun endlich einen Computer bekommen sollen, sondern der Preis war es, der für Verwunderung sorgte: Genau 10.000 Mark soll die Modernisierung pro Kita kosten, hat die Sozialbehörde ausgerechnet. Allein der Tisch, auf dem der neue Computer stehen soll, steht mit 1.620 Mark in der Liste. Für 2.000 Mark im Durchschnitt müsse das Büro der Kita-Leiterin umgebaut werden, damit man einen PC aufstellen kann. Und die Geräte selbst mit Programmen („PC-Konfiguration“) kosten 6.380 Mark pro Stück, so steht es in der Beschlußvorlage. Macht auf 66 Kitas genau 660.000 Mark aus dem Sozialetat.

„Alle waren empört“, sagt die Grüne Sozialpolitikerin Maria Spieker, insbesondere die „sachverständigen Bürger“erklärten den Abgeordneten in der Deputation, daß in normalen Geschäften gute PCs für drei- bis viertausend Mark zu haben sind. Witzigerweise haben die kirchlichen Kita-Einrichtungen für ihre PC-Ausstattung, die dasselbe leisten muß, inklusive Software gerade 4.500 Mark pro Stück bewilligt bekommen von der Sozialbehörde. Elke Steinhöfel, SPD-Sozialpolitikerin, versuchte die erregten Gemüter zu beruhigen mit dem Kompromißvorschlag, man solle der Behörde aufgeben, die Sache 100.000 Mark billiger zu realisieren.

Sozialsenatorin Tine Wischer hatte viel Verständnis für die Aufregung in der Deputation. Allein, erläuterte sie genervt sachlich, die Sozialbehörde könne gar nichts dafür, es gebe ein „Beschaffungswesen“in der bremischen Verwaltung, nach dem die Behörde ihre Anforderungen definiere. Welche Geräte dann gekauft würden, das entscheide allein die Beschaffungsstelle bei Nölles SKP. Die „sachkundigen Bürger“meinten, da sei ja sicher ein Rabatt ausgehandelt worden. Die billigen Computer seien schlechter und gehen schnell kaputt, warf ein Personalrat von hinten ein. Er war der einzige, der das 6.380 Mark teure Spielzeug verteidigte. Immerhin hat der Personalrat 1986 eine unkündbare Technikvereinbarung ausgehandelt mit dem Land, die ganz im Sinne der damals dominierenden Technik-Verhinderungs-Gesinnung festlegt, wieviel Quadratmeter ein PC braucht, welche Lampe darüber und welcher Tisch darunter stehen darf. Im Sinne dieser Vereinbarung hatte einst, erinnert sich der Sprecher der Sozialbehörde, Holger Bruns, sein Vorgänger Werner Alfke verboten bekommen, einen PC aufzustellen: Er hatte die in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Schulung nicht absolviert. Daß Alfke zu Hause lange einen PC stehen hatte und keiner Schulung bedurfte, war in der Vereinbarung von 1986 nicht vorgesehen. „Wenn die SKP uns preiswertere Computer besorgen kann, dann freut sich die Behörde“, meint denn auch der Behördensprecher.

Bei der Beschaffungsstelle der SKP ist man empört über die Vorfälle in der Sozialdeputation. „Alles Quatsch“, heißt es da: Die Bedarfsbehörde selbst entscheidet, welche Computer sie kaufen will, und in der „Beschaffungsliste“stehen günstige Preise: Einen 166 MHz MMX-Rechner gibt es für 1.700 Mark, einen modernen 17-Zoll-Bildschirm für 1.199 Mark. Zum Beispiel. Alles billiger als bei Vobis. Und wie kommt die Sozialbehörde auf ihre horrenden Preise? „Die haben nie mit uns darüber geredet“, heißt es bei der SKP.

Wenn das stimmt, hat die Sozialbehörde ihren Deputierten Phantasiepreise vorgelegt und der Senatorin die Unwahrheit gesagt, unfreiwillig. K.W.