„Liebenslange Heirat“

■ Bremens erster türkischer Partnervermittler will international helfen / „Geben Sie lieber eine Annonce auf“, empfehlen dagegen die VerbraucherschützerInnen

Der Heiratsmarkt ist verwirrend – und teuer. Von den Wirren erzählt Ali Kurtoglu Geschichten: Von Menschen in Stadt und Land, die nicht zueinander finden – oder sich, wenn doch, kurz darauf wieder scheiden lassen, „wenn das Blut nicht mehr so warm“ist. Das sei leichtfertig: „Weil die Kinder unter Trennung viel leiden.“Und Kinder, zwei bis vier in deutschen, mehr in türkischen Ehen, gehörten dazu. Aber daß so viele Menschen „allein bis zum Explodieren“sind, rührt den Gröpelinger Ex- und Importeur, der jetzt mit russischen Wolldecken handelt. Er will zusammenbringen, was zusammengehört. Mann und Frau. In die Annalen Bremens könnte er als erster türkischer Partnervermittler eingehen.

Auch als Preisbrecher wird Kurtoglu sich vielleicht einen Namen machen. Für hundert Mark die Frau und zweihundert Mark den Mann nimmt er in seinen Computer auf, wer auf seine europaweiten Inserate in türkischen Tageszeitungen reagiert. Anhand von wenigen Fragen wie: Rauchen Sie, tragen Sie eine Brille, sind Sie körperbehindert? wählt sein Computer-Programm PartnerInnen mit entsprechenden Wünschen aus – NichtraucherInnen, Alleinerziehende und unversehrte Brillenträger.

Kurtoglus kleinen Ladenraum in der Liegnitzerstraße, wo neben dem Sofa Computer und Aquarium stehen, werden seine künftigen KundInnen nie zu sehen bekommen. Ebensowenig seine selbstgemachten Kupferarbeiten mit den turnenden Gespenstern am Reck und dem panflötenden Totenkopf. Denn Kurtoglu die KundInnen nicht kennenlernen – und ihre Geschichten nicht hören. „Ich denke nur an die Zukunft, wissen Sie“, erklärt er. Dann sollen die Männer und Frauen – egal ob deutsch, französisch, türkisch oder sonstwoher – zusammenfinden. Homosexuelle vermittelt er nicht.

In der Branche, wo man diese Gruppe gerade neu entdeckt, reagiert man auf „Uncle Ali's“Angebot unterdessen neugierig. „Vielleicht hat er ja eine Marktlücke aufgetan“, lacht die Mitarbeiterin von VideoPartnerService GmbH. Sie vermittelt auch TürkInnen – aber nur solche mit entsprechenden Deutschkenntnissen. Über den Tarif schweigt sie.

Anders der Justitiar der Niedersächsischen Verbraucherzentrale in Hannover: „Zwischen 5.000 und 9.000 Mark kostet ein halbes Jahr Vermittlung.“So gesehen sei „Uncle Ali's“Angebot günstig. Aber natürlich: „Jeder kann so ein Gewerbe anmelden. Da wird keine Qualifikation geprüft.“Rund 200 Reklamationen über mangelnde Leistung von Partneragenturen registrieren niedersächsische VerbraucherschützerInnen pro Jahr. „Auch wenn das die Intimssphäre betrifft – bei solchen Preisen schwindet die Zurückhaltung“, sagt Michael Wachs. Er empfiehlt Menschen mit Paarungsdrang, selbst Annoncen aufzugeben, statt sich teuer zu verkaufen.

Das dürfte Ali Kortoglu kalt lassen. Wenn er im nächsten Jahr „mit Power“einsteigt – dann für „die liebenslange Heirat“, wie er zweideutig radebrecht.

ede