■ Kunstradio: Station ohne Ansage
Der Brief kam aus Dänemark und klang sehr verwundert: „Ich habe im das letzte tages eine station emphangen ohne Ansage, aber mit non-stop-musik, wie eine art klassische, und also Jazz indsperiert/folklore. Oder vielleicht bessere gesagt – musik für interlektuelle und künstlere“, schrieb er in die Sendezentrale nach Eckernförde. Ähnlich verwundert war auch Norbert Weber von der dortigen Avantgarde-Galerie Nemo, als er vor Jahren in Helsinki unterwegs zum Museum für Moderne Kunst im Autoradio einen Sender fand, der den ganzen Tag eine Klanglandschaft sendete, ohne Ansagen. Im Museum fand er die Quelle dieser Töne: eine Lichtskulptur, in der die Sendeanlage für den seltsamen Sender war.
Nun hat Weber die Installation nach Deutschland geholt: In seiner Galerie steht die Lichtskulptur, seit dem vergangenen Wochenende sendet Ambient City Radio im Norden Schleswig-Holsteins – bis zum 18. Oktober. Solange hört man Ambient-Tracks, in langer Arbeit zu einer Klanglandschaft zusammengemixt. Radio ohne Stationsansage und Verkehrsstudio, das verwirrt. Es sind auch die Klänge, die verstören, betören und irgendwie auch beruhigen. „Eine Musik wie ein Möbel“, so beschreiben's die Macher, aber in einem Kieler Club machen sie auch durchaus Partys zur Sache. „Kunst im öffentlichen Raum“ nennt Weber das Projekt. Neben den finnischen Initiatoren Matti Knaapi und Petteri Nisunen, dem DJ und Labelchef Tommi Grönlund und Hauke Harder, der in Kiel eine „Gesellschaft für akustische Lebenshilfe“ betreibt, haben sich zahlreiche DJ's um das Programm gekümmert. Die Vorbereitung dauerte: Schließlich zahlte die Lübecker MSH einen Teil, die eigentlich Filme finanzieren soll, aber schließlich auch von Radiogebühren lebt, wie Weber argumentierte. Schwieriger war es mit den Frequenzen: Das Kieler Rundfunkgesetz erlaubt einerseits „Veranstaltungsfunk“ (drei Tage Dorfkapelle zum Schützenfest), andererseits Kommerzfunk, ein Sechswochenprojekt paßte da nicht. Und ist das alles nun Kunst oder Radio? Weber: „Beides“.lm
Ambient City in Kiel: 97,4 MHz; in/um Schleswig: 100,8 MHz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen