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Albright gegen „Krieg der Worte“

Die US-Außenministerin kündigt ein baldiges Treffen zwischen Beratern Netanjahus und Arafats an. Ein Durchbruch im festgefahrenen Nahost-Friedensprozeß ist das aber nicht  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

US-Außenministerin Madeleine Albright ist es nicht gelungen, eine Wiederaufnahme der palästinensisch-israelischen Verhandlungen durchzusetzen. Am Ende ihres dreitägigen Besuchs im Heiligen Land erklärte Albright gestern, daß sie erst dann in den Nahen Osten zurückkehren werde, wenn Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Jassir Arafat „harte Entscheidungen“ getroffen hätten. Sie drängte beide dazu, eine „Auszeit“ in ihrem „Krieg der Worte“ zu nehmen.

Zugleich kündigte sie an, daß Berater von Netanjahu und Arafat in neun Tagen zu Gesprächen nach Washington reisen werden. Am Rande der UN-Vollversammlung sollen dann in der Folgewoche Israels Außenminister David Levy und PLO-Unterhändler Mahmud Abbas (Abu Mazen) zusammentreffen. Albright wird nach eigenen Angaben an diesen Gesprächen teilnehmen. „Ich habe keine Illusionen über das Ausmaß dieser Schritte“, sagte sie. „Sie sind klein, nötig wären aber große Schritte.“

Am letzten Tag ihres Besuchs hatte Albright vor palästinensischen Schülern die israelische Siedlungspolitik, die Landenteignungen und die Zerstörung palästinensischer Häuser als „nicht hilfreich“ für den Friedensprozeß bezeichnet. Eine solche Bemerkung hatte sie öffentlich bereits am Abend zuvor vor israelischen Schülern und Lehrern gemacht. Auch das Einbehalten palästinensischer Steuergelder habe in ihren Augen wenig mit der Sicherheit Israels zu tun, erklärte sie. In einer Rede im palästinensischen Rundfunk rief sie zudem die Palästinenser auf, den Terrorismus zu bekämpfen.

Albright war am Vormittag nochmals zu einem zweiten Gespräch mit Arafat zusammengetroffen. Beide Seiten erklärten anschließend lediglich, daß die Gespräche „konstruktiv und fruchtbar“ gewesen seien. Über den näheren Inhalt teilten sie nichts mit.

Laut einem Bericht des US- Fernsehsenders CNN hat Netanjahu gegenüber Albright einen Stopp des Siedlungsbaus rundweg abgelehnt. Der Sender erklärte, offensichtlich fühle sich Netanjahu stark genug, der US-Außenministerin ein glattes Nein ins Gesicht zu sagen.

In einer ersten Analyse des Albright-Besuchs erklärte der Politikprofessor und ehemalige Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Schlomo Avineri, daß die USA noch niemals erfolgreich einen Friedensprozeß initiiert hätten. „Doch wenn der Wille zum Frieden auf beiden Seiten vorhanden ist, dann sind die USA besonders wichtig und hilfreich in diesem Prozeß.“ Gegenüber der Jerusalem Post räumte er aber ein, daß die Regierung Netanjahu die Selbstmordanschläge nur dazu genutzt habe, um den gesamten Prozeß von Oslo zu stoppen. „Mein Gefühl ist allerdings“, sagte er, „daß Albright Netanjahu ganz klar fragen wird, ob die israelische Regierung sich weiterhin den Oslo-Vereinbarungen und der Aufgabe von Land gegen Frieden verpflichtet fühlt.“

Die Ausübung von direktem Druck auf Israel durch die US-Regierung erwarten die israelischen Beobachter allerdings nicht. Israels früherer Botschafter in Washington, Professor Itamar Rabinovitsch, sagte, daß es wahrscheinlich nicht zu einer offenen Konfrontation zwischen den USA und Israel kommen werde. Eher würde Washington „ein- oder zweimal vergessen, ein Veto im UN-Sicherheitsrat einzulegen, oder Gerüchte ausstreuen über mögliche Kürzungen der finanziellen Unterstützung der USA an Israel“. Als äußerst unwahrscheinlich bezeichneten die Experten die Möglichkeit, daß die USA sich jetzt völlig aus dem Friedensprozeß verabschieden.

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