Hinter den Grenzen sitzen nur Freunde

■ Grüne Initiative für Abschaffung von Wehrpflicht und Zivilzwangsdienst

Bonn (taz) – Bündnis 90/Die Grünen wollen eine Kampagne zur Abschaffung der Wehrpflicht und des Ersatzdienstes starten. Der Bundesvorstand der Partei stellte die Initiative als notwendigen Schritt einer konsequenten Abrüstung gestern in Bonn vor. Nur durch einen Verzicht auf die Wehrpflicht sei eine Reduzierung der Truppenstärke von derzeit 324.000 auf 150.000 Soldaten möglich. Eine weitere Verkleinerung der Armee auf 75.000 Soldaten könne dann binnen einer Legislaturperiode folgen.

Jürgen Trittin, Sprecher des Bundesvorstands, nannte das „Szenario eines Angriffs auf Deutschland völlig unwahrscheinlich“, schließlich sei Deutschland „von Freunden umstellt“ und Rußland weder willens noch in der Lage, einen Angriffskrieg zu führen. Die Bundeswehr solle hauptsächlich für Peace-Keeping Einsätze der UNO und internationale Katastrophenhilfe bereitstehen, und dafür bedürfe es nur einer kleinen Freiwilligenarmee aus Kurzzeitsoldaten. Diese sollten mit 30 oder 35 Jahren aus dem Militärdienst ausscheiden, um der eventuellen Gefahr zu begegnen, daß die Bundeswehr ohne Wehrpflichtige zu einem gesellschaftlich abgeschotteten und unkontrollierbaren „Staat im Staate“ werde.

Ob diese Gefahr derzeit überhaupt durch die Wehrpflicht gebannt wird, sei überdies fraglich, schließlich seien die beiden deutschen Angriffskriege in diesem Jahrhundert auch von Wehrpflichtarmeen geführt worden. Eine „Interventionsarmee“ mit Krisenreaktionskräften und „Offensivwaffen wie den Eurofighter“ lehnen die Grünen ab.

Die gleichzeitige Abschaffung des Zivildienstes sei schon aus demokratischen Gründen notwendig, weil für einen derartigen „Zwangsdienst“ kein zwingender Grund bestehe. Die bisher zur Förderung des Zivildienstes aufgewendeten 3 Milliarden Mark sollten künftig für hauptamtliche Arbeitsplätze im Sozialbereich ausgegeben werden. Thilo Richter