Scharfes vom Uniweinberg

■ Uni-Merchandising: Seit sie miteinander im Wettbewerb stehen, denken auch No-name-Hochschulen über den Verkauf von Fanartikeln für ihre Denkwerkstätten nach

Neulich bei McDonalds im Frankfurter Hauptbahnhof: Drei drahtige Jungmänner knuspern goldgelbe McNuggets. Alle drei tragen ein graues Sweatshirt mit dem stolzen Aufdruck: Fachhochschule Hamburg. Wieherndes Gelächter am Nebentisch, wo zwei Business-Männer den Salat Sommergarten zu sich nehmen: „Hört hört! Fachhochschule Hamburg! Fantastisch! Die Top-Adresse in der deutschen Hochschullandschaft!“

So (oder so ähnlich) soll es sein. Wo die deutschen Akademiker-Brutstätten unvermutet in die Situation eines geradezu marktähnlichen Wettbewerbs geraten, müssen sie sich plötzlich mit einer ganz unappetitlichen Sache befassen: dem „Uni-Merchandising“. Name und Logo sollen in die Welt hinausgetragen werden, auf Kopf und Brust der Hochschulangehörigen, am Handgelenk, am Heck ihrer Autos, auf der Aktentasche oder dem Schirm. Auf einmal redet alle Welt vom „Auftritt“einer Universität oder Hochschule, mancherorts leiser, andernorts lauter.

Zum Beispiel Uni Bremen. Freitags in der Mensa verkauft die Pressestelle im Namen des großen, an gestreiften Speck erinnernden „U“ihre Merchandisingprodukte, die sie leider noch mit dem etwas verbrauchten Namen „Souvenirs“bezeichnet: Kugelschreiber, Anstecknadeln, Schreibblöcke und T-Shirts (15 Mark), echte Quarzuhren mit echtem Lederband (35 Mark) sowie eine CD des Uniorchesters mit Hindemith und Liedern wie „Sankt Ozon steh' uns bei!“Auch billige Keramikbecher sowie teure Porzellanbecher sind erhältlich, der Aufkleber fürs Auto und ein Video mit Hinweisen auf die „gesellschaftliche Verantwortung“und den Bremer Weg „zwischen Reform und Tradition“. Der Rektor persönlich lacht in die Kamera und setzt ein Wort in die Welt: „Hanseatische Denkfabrik“. Na bitte.

Andere sind nicht mal so weit. Obwohl von professionellen Imagepolierern arg bedrängt, scheut die „Hochschule Bremen“das wirtschaftliche Risiko des Fanartikel-Verkaufs. Hier wartet man lieber noch einmal die Ergebnisse eines Evaluationsprojektes ab, das sich mit der Außendarstellung der Hochschule befaßt. Gleich für völlig undenkbar hält der Pressesprecher der Hochschule für Künste, daß sich in seinem Haus Abnehmer für HfK-Pullover finden ließen. Künstler würden so etwas nicht anziehen. Fehlanzeige auch an der Oldenburger Uni: Früher gab es mal Sweatshirts in der Unibuchhandlung, erinnert man sich dort. Und in der Hamburger Uni ist soeben ein Laden namens „Stuka“, was soviel wie „Studentenverkaufsstelle“hieß und wo man HH-Uni-Käppis bekam, pleitegegangen. Man stehe aber in Verhandlungen mit Anbietern, heißt es in der Pressestelle. Ähnliches hört man auch aus der TU Berlin: „Wir sind dabei, im Bereich Merchandising Initiativen zu entwickeln“, tröstet die Pressereferentin. Ach so.

Betrachtet man die Sache für einen Moment mal nicht aus der Perspektive der imagebedürftigen Unis, sondern aus Sicht der erhofften Abnehmer, stellt sich die Frage: Was hat er, was hat sie davon, Uniwerbung, die auch noch Geld kostet, durch die Welt zu tragen? Nike, Adidas oder Diesel bringen in der Peergroup Fame. Aber „Universität Oldenburg“? Folgerichtig ist ein entwickeltes Merchandising zuallererst an Traditions-Unis anzutreffen.

Paradebeispiel Freiburg: Nicht weniger als 47 Uni-Fanartikel bietet der „Uni-Shop Freiburg“an. Neben allem, was man sich denken kann, auch „Turbo-Pens“(nachtblau goldplatiert mit Turbo-Rollingmine im Geschenketui“, 99 Mark), City-Bags, Krawatten rot/blau gestreift (Seide), Manschettenknöpfe und einen „Siegelring silber“für 230 Mark. Zu allem Überfluß erbte die Freiburger Uni einen Weinberg und ist darum in der Lage, Uniwein, Unisekt und Uniweinbrand vom roten Spätburgunder (eichenfaßgelagert, 38 %, 31 Mark der halbe Liter) anzubieten. Vorbildlich!

Nun ist es kein Kunststück, ein Produkt wie „Uni Freiburg“zu vermarkten. Ein Kunststück wäre, es zu schaffen, daß sich die Leute um ein Uni-Bremen-T-Shirt reißen. Dazu bräuchte es Phantasie und Mut. Ein Leibchen mit blutrünstigen Aufdruck „Rote Kaderschmiede Bremen“zum Beispiel – das würde gewiß ein Renner, setzte aber Undenkbares voraus: daß Bremer der Selbstironie fähig wären.

BuS