: Streit um Absturz zwischen Windhuk und Bonn
■ Namibia: Ankunft der Tupolew war nicht angekündigt. Deutsches Verteidigungsministerium verweist auf Dokumente über Landegenehmigung
Bonn (taz) – Zwischen Namibia und Deutschland ist ein offener Streit über die Frage ausgebrochen, ob der Flughafen in Windhuk von der geplanten Ankunft der am Samstag verunglückten Bundeswehrmaschine gewußt hat. Namibias Behörden bleiben bei dem Vorwurf, sie seien nicht über den Flugplan der abgestürzten Tupolew informiert worden, die über dem Atlantik mit einer US-Militärmaschine zusammengestoßen ist. Der namibische Verkehrsminister Hambie Pflichta erklärte gestern, der Kontrollturm des Flughafens in Windhuk habe weder den Flugplan der verunglückten Maschine noch das Abflugsignal des Flugzeugs aus Niger erhalten.
Dieser Darstellung widersprach das Bonner Verteidigungsministerium nachdrücklich. Es gebe Dokumente, die bewiesen, daß auf diplomatischem Wege Überflug- und Landegenehmigungen eingeholt worden seien. „Das heißt, den namibischen Behörden war voll bewußt, daß dort ein Flugzeug kam“, erklärte ein Sprecher. Er teilte weiter mit, daß Verteidigungsminister Rühe seinem namibischen Amtskollegen Malima „ganz deutlich“ gesagt habe, „daß wir alle Unterlagen in diesem Zusammenhang erbitten, damit wir den gesamten Vorgang lückenlos aufklären können“. Auch in Niamey, Acra und Luanda werde „unnachsichtig“ darauf gedrungen, daß alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Die Flugpläne seien an acht verschiedene Stellen geschickt worden.
Der SPD-Wehrexperte Manfred Opel hat der Hardthöhe vorgeworfen, in mehreren Punkten nicht die ganze Wahrheit zu sagen. Da die Behörden in Namibia und anderswo gar nichts von dem Flug gewußt hätten, „gab es entweder massive Mißverständnisse oder Schlampereien“, sagte der ehemalige Luftwaffengeneral in einem Interview. Außerdem nannte er es „völlig unverständlich“, daß die Tupolew nicht mit einem der „relativ preisgünstigen“ Kollisionswarngeräte ausgestattet war.
Der Sprecher der Hardthöhe wies Vorwürfe zurück, Soldaten müßten mit schlecht ausgestatteten Maschinen fliegen, während „Vips“ mit den besser ausgestatteten Airbussen reisten: „Das ist eine schon fast ehrenrührige Unterstellung an die Luftwaffe.“ Regierungssprecher Hausmann sagte, es sei „befremdlich, um nicht zu sagen übel, wenn hier versucht wird, von einer bestimmten Seite politisches Kapital aus dem tragischen Unglück zu schlagen“. Das Kabinett hat sich gestern von Minister Rühe informieren lassen und schweigend der Opfer gedacht.
Unterdessen gehen vor der Küste Namibias die Bergungsarbeiten weiter. An der Absturzstelle sind weitere Wrackteile und persönliche Gegenstände gesichtet worden. Für die Bergung unter Wasser, das dort bis zu 2.000 Meter tief ist, wird Spezialgerät gebraucht. Gegenwärtig koordiniert eine französische Fregatte die Aktion. In 10 bis 12 Tagen soll die deutsche Fregatte „Augsburg“, die vom Mittelmeer aus Kurs auf den Unglücksort genommen hat, diese Aufgabe übernehmen. Sie wird bis zum Schluß der Bergungsarbeiten bleiben. Dies sei auch als eine Art „Totenwache für die Opfer“ gedacht, sagte ein Sprecher der Hardthöhe.
Das Verteidigungsministerium bat die Presse, auf die Angehörigen der Opfer Rücksicht zu nehmen. Besonders ein Privatsender habe Angehörige und auch die Kinder, die beide Elternteile verloren haben, bedrängt. Bettina Gaus
Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen