■ Bonn apart
: Lobet und preiset den Herrn

Das war ja mal wieder eine erfolgreiche Woche für Sie, lieber Herr ... Aber stellen Sie sich doch mit ihren eigenen Worten vor: „Ich bin froh, heute wieder einmal in dieser schönen Stadt im Herzen Europas zu sein. Über ihre freundlichen, warmherzigen Worte des Willkommens habe ich mich sehr gefreut.“

Ach, wir könnten stundenlang in Ihrer Rede schwelgen, die Sie anläßlich der Verleihung des „Vision für Europa“-Preises in Luxemburg gehalten haben. Und erst die anderen Höhepunkte der Woche. Sie haben es geschafft, mit dem Magazin Capital eine Zeitschrift zu finden, die Sie feiert. Sie seien besser als Gerhard Schröder und Oskar Laftontaine, steht da.

Was macht es schon, daß Sie das selbst gesagt haben? Hauptsache, es sagt überhaupt jemand. Fragt sich nur, warum Sie das gesagt haben. Weiß das nicht ohnehin jeder? Früher hätte das sowieso jeder gewußt. Jedenfalls haben Sie kraftvoll nachgesetzt wie ein Junger und es dem Schröder richtig gegeben. „Schrankenlosen Opportunismus“ haben Sie scharfsinnig erkannt und ihn als „Hausherren der Chaostage“ abgemeiert. Da blitzt er wieder auf, ihr 15 Jahre alter Humor. Aber warum echauffiert sich ein „Vision für Europa“-Preisträger derart über einen Herrn G. Schröder aus Hannover?

Einmal in Schwung – und dieses Ereignis muß man natürlich als älteres Baujahr auskosten –, haben Sie auch noch mit Ihrem ehemaligen Parteifreund Richard von Weizsäcker abgerechnet. Er wäre nie geworden, was er geworden ist, „wenn seine politischen Freunde ihn nicht getragen hätten“, klagten Sie wie ein versetzter Liebhaber. Aber der Weizsäcker hatte Sie schließlich zuerst attackiert, und das können Sie gar nicht brauchen.

Dafür haben wir ja auch Verständnis. Andererseits kann das natürlich nicht so weitergehen, daß Sie all die braven Leute düpieren, nur weil Sie sich selbst als Auslaufmodell fühlen. Wir wollen Ihnen helfen. Wie wär's damit: „Sie sind besser, ja sogar besser als der Kanzler!“ Na, da strahlen Sie, was? War doch 'ne tolle Woche. Markus Franz