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FU mißbraucht Rüttgers-Geld

■ Die Freie Uni entlastet ihren Etat durch das Bonner Hochschulsonderprogramm, anstatt neue Maßnahmen zu fördern. Beschwerdebrief an FU-Präsidenten

Die Freie Universität (FU) mißbraucht die Mittel aus dem Feuerwehrtopf „Lehre“ von Bundesbildungsministers Jürgen Rüttgers (CDU). Diese Kritik übten gestern verschiedene Hochschulpolitiker nach einem taz-Bericht. Danach hat das Kuratorium der FU 460.000 Mark für ein „Ergänzungscurriculum“ bereitgestellt, das nur rund 60 von 1.740 MedizinstudentInnen im Grundstudium zugute kommt. Der Bildungsminister wollte mit seinem Sonderprogramm, das in Berlin mit rund 200 Millionen Mark zu Buche schlägt, unter anderem die Lehre verbessern und die Nachwuchsförderung stärken.

Unterdessen hat die FU gegenüber der taz eingestanden, daß rund sechs Millionen Mark (von 26 Millionen für die FU) der Feuerwehrgelder des Bundes nicht für die zusätzliche Maßnahmen verwendet werden. Damit werde „ein gewisses Niveau gehalten“, begründete der Leiter des FU-Präsidialamtes, Peter Lange. Im Klartext: Die Universität hat im großen Stil reguläre Aufgaben aus ihrem Etat ausgegliedert – und finanziert sie jetzt aus den Rüttgerschen Sondermitteln. Dazu zählen an der FU: Die Gehälter von rund 80 TutorInnen und das bislang von der Uni bezahlte „Projekt Pro Lehre“. Auch das Vorhaben, audiovisuelle Medien zu fördern und zu etablieren (rund 1,4 Millionen Mark) wird nun aus der Bonner Schatulle gesponsert und nicht mehr durch die Dahlemer Universität.

Diese Praxis der FU hat massive Kritik hervorgerufen. Der bündnisgrüne Abgeordnete Anselm Lange sprach von „Zweckentfremdung“. Die Rüttgers-Gelder seien nicht dazu da, „den Grundetat der Uni zu decken“. Ebenso wie der PDS-Parlamentarier Benjamin Hoff kündigte Lange an, daß im Wissenschaftsausschuß die Zweckentfremdung zur Sprache gebracht würde. Präsidialamtsleiter Peter Lange rechtfertigte den Mißbrauch der Bonner Mittel mit der „grauenhaften Finanzsituation der FU“. Ein Sprecher von Rüttgers sagte, „das ist sicherlich nicht der Sinn des Programms“. In einem Brief an den Präsidenten der FU moniert Benjamin Hoff, daß reguläre „Tutorien zu ,Sondermaßnahmen‘ degradiert“ würden. Zum anderen bringe das Herauslösen aus dem ordentlichen Haushalt in den Sondertopf ein gravierendes Problem mit sich: „Spätestens beim Auslaufen des Hochschulsonderprogramms III [im Jahr 2000, d. Red.] stellt sich die Frage der Eingliederung der Tutorien“ wieder. Das bedeutet: Die 80 Tutorenstellen wurden jetzt vermeintlich gerettet, ohne daß sich die Qualität der Lehre verbessert hätte. In drei Jahren fallen sie vermutlich dem Haushaltsnotstand zum Opfer. Christian Füller

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