König bleibt König

■ Vor zwei Jahren vorgeschlagen, nun aus der Versenkung geholt. Aber immer noch will sie keiner: eine ARD-Holding

Bei all dem Intrigenwirrwarr zwischen den elf ARD-Anstalten war bisher wenigstens eine Sache klar: Reinhard Grätz, Rundfunkratschef des mächtigen WDR, und Udo Reiter, Intendant des MDR, können sich nicht leiden. Kaum daß Reiter im vergangenen Dezember zum ARD-Vorsitzenden gekürt worden war, durfte er im Spiegel nachlesen, Grätz, der auch SPD-Landtagsabgeordneter ist, habe den Leipziger Sender als „Schwachpunkt“ der ARD beschimpft. Der WDR-Mann habe den MDR „von Anfang an nicht gemocht“, gab Reiter darauf bittersüß lächelnd auf seiner Weihnachtspressekonferenz zurück. Um so verblüffender, daß Grätz nun einen alten Vorschlag seines Kontrahenten aus der Versenkung holt: In einer ARD-Holding will er Dienstleistungen wie Finanzen und Programmverwertung der ARD-Sender vereinigen. Das sei billiger und schlagkräftiger, als wenn jeder seins macht.

Reiter hatte sein Konzept Ende 1995 vorgelegt. Mittelfristig könnten dadurch „Rationalisierungserfolge durch den Abbau von Mehrfachstrukturen“ erzielt werden. Langfristig könnte die Holding auch für andere Sender und Firmen arbeiten. Das Reiter-Konzept sei zwar „noch nicht ausgereift“ gewesen, sagt nun Grätz: „Den Grundgedanken halte ich aber für richtig.“ Demnach sollen Dienstleistungen wie Rechteverwertung oder Datenverarbeitung zusammengefaßt und der Holding unterstellt werden. Gesellschafter wären die elf ARD-Anstalten. Die „programmlichen Kernbereiche“, erklärt Grätz, müßten bei den Sendern bleiben. Andere Aufgaben könnten jedoch zentralisiert und damit preisgünstiger organisiert werden.

Freilich hatte gerade der zentralistische Geruch von Udo Reiters Holding-Vorschlag den anderen Intendanten vor zwei Jahren nicht gepaßt. Welcher kleine König möchte schon ein Stück von seiner Macht abtreten? Gerade die kleinen Sender fürchten, durch solche Modelle an Einfluß zu verlieren. Zudem werden die Intendanten von den jeweiligen Landesregierungen bedrängt, nicht leichtfertig Teile des Medienstandorts abzugeben. Grätz, der um solche Ängste weiß, beschwichtigt, die Geschäftsbereiche einer Holding könnten ja verschiedene Standorte haben. Bei den Kleinsendern geht er weiter. Nicht jede Anstalt müsse eine Spielfilmredaktion haben: „Hier könnte ja auch eine Art interner Finanzausgleich eintreten.“

Wer sich in der ARD umhört, stößt angesichts des wiederaufgewärmten Holding-Vorschlags eher auf Verwunderung. Vielleicht liegt das auch daran, daß die meisten der elf Sender prinzipiell nichts davon halten, gar so eng zusammenzurücken. Von „Schlagworten“ ist da die Rede, und etwas dazu sagen, möchte eigentlich niemand. Georg Löwisch