: Freie Fahrt für velophile Langfinger
■ Rückgang in der Fahrradklau-Statistik, aber kaum Aufklärung. Im Osten mehr Anzeigen
Fahraddiebstahl bleibt weiterhin ein lukratives Geschäft. Zwar ging die Zahl der angezeigten Diebstähle von 1992 bis 1996 um mehr als ein Viertel auf knapp 27.000 Fälle zurück. Doch die Gefahr, erwischt zu werden, ist für Langfinger lächerlich gering: „Nur jeder zwanzigste Diebstahl konnte im vergangenen Jahr aufgeklärt werden“, erklärte Winfried Roll, Direktor des Landeskriminalamtes, gestern. Damit habe die Aufklärungsquote, die Anfang der achtziger Jahre noch bei 15 Prozent lag, drastisch abgenommen.
Die Ursache für die Diebstahlzahlen sieht Roll darin, daß immer weniger Angehörige der radelnden Spezies gegen Diebstahl versichert seien, Nichtversicherte jedoch kaum Anzeige erstatteten. Deshalb würden Diebstähle in den Ostbezirken wesentlich häufiger angezeigt als in den Westbezirken. „Im Ostteil haben viele Berliner ihre Hausratversicherungen inklusive Fahrradversicherung aus DDR-Zeiten übernommen“, so der Landeskriminaldirektor.
Als einen Erfolg wertet der Kriminaldirektor die Tatsache, daß zwei von drei Geschädigten die Rahmennummer ihres Fahrrades nennen konnten, was der ADFC seit einem Jahr unterstützt: „Vermehrte Codierungen und bessere Schlösser haben den Rückgang des Fahrraddiebstahls maßgeblich beeinflußt“, so die Schlußfolgerung Rolls. Radlern rät er dennoch zu besonderer Vorsicht: „Im letzten Jahr wurde jedes vierte Fahrrad aus einem Keller gestohlen.“
Mit 777 Fahraddiebstählen auf 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr rangiert Berlin unter den deutschen Großstädten erst auf Platz 20. Die Hauptstadt der Zweiraddiebe bleibt dagegen Münster in Westfalen mit 2.057 Fällen auf 100.000 Bewohnern. Daß es sich um organisierte Kriminalität handelt, ist Roll zufolge unwahrscheinlich: „Viele Täter sind minderjährig oder alkoholkrank. Dagegen spricht auch, daß die Absatzmärkte häufig aus Eckkneipen und Asylbewerberheimen bestehen.“ Sabine Möhring
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