: Abkassieren bei abgeschobenen Bosniern
■ Was eine muslimische Familie für den Besuch bei der Tochter in Bayern zahlt
Zirndorf/Fürth (epd/taz) – Eine Abschiebung aus Bayern kann teuer werden – auch noch Monate danach. So muß eine bosnische Familie, die vor einem halben Jahr aus Bayern zwangsweise abgeschoben wurde, jetzt die Abschiebungskosten erstatten, damit ihr der Freistaat erlaubt, für wenige Tage zu einem Besuch zurückzukommen. Erwin Bartsch, ein Mitarbeiter der evangelischen Rochusgemeinde in Zirndorf, sagte gestern, die Familie Hrustić habe vor der Erteilung einer auf zehn Tage befristeten „Betretungserlaubnis“ durch das Ausländeramt der Stadt Fürth rund 5.300 Mark bezahlen müssen.
Das Ehepaar, das jetzt mit einer Tochter in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo lebt, möchte im Oktober die zweite in Nürnberg lebende Tochter besuchen, die vor wenigen Tagen einen Sohn geboren hat.
Bevor ihnen das erlaubt wurde, mußten die drei muslimischen Bürgerkriegsflüchtlinge nach Auskunft von Erwin Bartsch alle Kosten der Abschiebung bezahlen: neben den Flügen nach Sarajevo auch die Kosten für die Begleitpersonen und sogar für die fünftägige Abschiebehaft. Die Kirchengemeinde, die sich um die Familie Hrustić während ihres Aufenthalts in Bayern gekümmert hatte, habe diese Summe inzwischen für die Familie auslegen können, sagte Bartsch.
Die Stadt Fürth habe der Familie inzwischen eine „Betretungserlaubnis“ erteilt, bestätigte ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Damit ist die Regelungswut der Behörde allerdings noch nicht beendet: Die bosnische Familie muß, so verlangt die Ausländerbehörde, nach ihrer Einreise ihren Aufenthalt anzeigen und sich vor der Abreise wieder abmelden.
Die Kirchengemeinde St. Rochus in Zirndorf hat eine entsprechende Verpflichtungserklärung zur Einladung für einen Besuch zwischen dem 1. und 10. Oktober übernommen.
Derzeit leben Nesiba und Hazim Hrustić und ihre Tochter Edina laut Bartsch in Sarajevo, weil ihnen die Rückkehr in ihre Heimatstadt Bijeljina in der Republika Srpska verwehrt ist. Bislang hätten sie dort weder Arbeit noch Wohnung gefunden, erklärte Bartsch.
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