Durchs Dröhnland
: Die Sonne im Herzen

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Bei Suzanne Vega und selbst bei Penelope Houston war das ja noch aufregend, aber inzwischen sind die vielen selbstbewußten jungen Frauen, die sich ganz allein vor ein Mikrofon wagen, ebenso langweilig und austauschbar geworden wie ihre männlichen Kollegen. Kennst du einen Sänger/ Songwriter, kennst du alle, und ein großer Teil von ihnen wohnt im texanischen Austin. Auch Abra Moore hat es dorthin verschlagen, auch wenn sie immerhin eine sehr schöne Platte gemacht hat. Früher einmal sang sie bei der ziemlich untergangenen Band Poi Dog Pondering. Von dort hat sich die eine oder andere E-Gitarre herübergerettet, die das dauernde Midtempo etwas auflockert. Und weil sich der Major noch eine Band mit einer Sängerin eingekauft hat, schickt man die Leute dann gleich im Paket auf Tour. Sister 7 stammen zwar ebenfalls aus Texas, bevorzugen allerdings eher die Schweinerock-Ecke. Zwar lassen sie den beliebten Boogie weg, aber sonst kaum etwas aus. Aus Siebziger-Hardcore-Riffs, Funk-Bässen und Schmusesoul- Melodien formt das Quartett ein klebriges Zeugs, das demnächst den Eingangsbereich großer Stadien verstopfen könnte.

27.9., 21 Uhr, Huxley's Cantina, Hasenheide 108–114

Wen der Abschied vom Sommer gerade etwas mitnimmt, sollte sich besser fernhalten von Bill Callahan. Als Smog ist ihm kein Gefühl zu düster, als daß es nicht in Musik gebracht werden könnte. Und andere Stimmungen kennt der Mann nicht, der jedesmal aus einer Stadt wegzieht, wenn das Risiko besteht, daß er bekannte Gesichter auf der Straße sieht. Seine letzte, in einem echten Studio produzierte Platte hört sich allerdings nicht mehr ganz so verschlossen an. Das sollte einen aber nicht täuschen, denn das Fröhlichste, was Callahan hinbekommt, klingt so ungefähr wie Neil Young in seinen „Tonight's The Night“-Zeiten. Eine Tanzplatte würde er gerne machen, hat er letztens in einem Interview gesagt, weil „Tanzmusik etwas ist, wodurch die Leute sich besser fühlen“. Als Vorgruppe spielen die ebenso wundervollen Hazeldine, die einem in ihren besten Momenten durchaus den Glauben an die Wiedergeburt der Gitarre wiedergeben können.

27.9., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

Nachdem Attwenger ziemlich erfolgreich und in ganz Europa beachtet, österreichische Folklore mit Punk und HipHop anreicherten, löste sich das Duo aus Linz 1995 erst einmal auf. Nun hat sie die Liebe zur Heimat und zu Drum'n'Bass wieder zusammengeführt. Also singen sie wieder ihre Dada-Texte im oberösterreichischen Dialekt, quetschen das Akkordeon, trommeln auf allem Verfügbaren rum und haben außerdem noch die Computer angeworfen. Komischerweise hört sich das gar nicht so krank an, wie es eigentlich sollte. Man ist doch einiges gewöhnt inzwischen.

28.9., 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176

Die Musik von Dirk Darmstaedter war schon nervtötend genug, aber am schlimmsten war immer die Großkotzigkeit des Mannes, der sich schon wie ein Star benahm, bevor er eine einzige Platte verkauft hatte. Komischerweise findet er immer wieder eine Plattenfirma, der es nicht peinlich ist, in seine Popperlocke, seine belanglosen Texte und seine Großmannssucht zu investieren. Das ging auch schon bei den Jeremy Days böse schief, und das sollte es verdientermaßen auch als Darmstaedter.

28.9., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40–41

In den Achtzigern waren die Spaceman 3 die Speerspitze des Velvet-Underground-Revivals, das sich vor allem an Feedback und Sonnenbrillen festmachte. Schon damals hatten sie einen Hang zum Hängertum, zur ausladenden Geste und zum feisten Gefühl, dummerweise aber nur ein paar Gitarren zur Verfügung. Dafür ging John Pierce nach dem Ende der Raummänner mit Spiritualized in die vollen: 58 Personen waren an der letzten, der dritten Platte beteiligt und der fast automatisch folgende Bombast ist nicht zu überhören. Zitiert werden Pink Floyd, Captain Beefheart, natürlich die Beatles und die Beach Boys, alles was schwer und schwierig und teuer war im Pop. Größenwahnsinnig sind Spiritualized und haben Spaß dabei. Live allerdings sind die Geiger nicht zu finanzieren und werden – ganz wie früher – durch Feedback-Noise ersetzt.

30.9., 21 Uhr, Pfefferberg

Die Schotten von Del Amitri machen schon seit mehr als zehn Jahren einen Gitarrenpop, der mal härter, mal softer klingt, nie eine hübsche Melodie vergißt, auch bei Wolken Sommer und Sonne im Herzen mit sich führt, nicht einmal vor Gitarrensoli zurückschreckt, und aus genau diesen Gründen halt auch ziemlich altbacken klingt.

1.10., 20.30 Uhr, Loft

Plötzlich lassen selbst die Inchtabokatables das Mittelalter links liegen und versuchen es mit mehr Metal. Damit werden sie zwar nicht die nächsten Rammstein, aber wahrscheinlich einen Großteil ihres Klientels verschrecken. Das ist das eine. Andererseits haben sie sich auf ihrer letzten Single von den Elektronauten diverse Remixe anfertigen lassen. Die pfeifen und fiepsen zwar ganz doll, haben ein paar nette Breakbeats drin und alles Gitarrenhafte rausgemischt, aber irgendwie funktionieren sie nur so recht, wenn der Gesang auch noch ganz weg ist. Die Inchtabokatables bleiben halt vor allem eine Live- Band, die 250 Termine im Jahr spielt: Und dann gibt es sicher auch wieder Folk-Seligkeit und Mittelalter-Pathos.

2.10, 20 Uhr, Tempodrom Thomas Winkler