■ Susun S. Weed, US-Naturheilkundlerin und Gesundheitsautorin, kritisiert die Botschaft der Brustkrebskampagne: „Die rosa Schleife hilft den Frauen überhaupt nicht“
Susun S. Weed hat in Woodstock das „Wise Women Center“ gegründet und lehrt dort Naturheilkunde. In Deutschland erschien gerade ihr neuester Ratgeber über Brustkrebs.
Die National Breast Cancer Coalition gibt es seit sechs Jahren. Was hat sich seitdem in der öffentlichen Debatte über Brustkrebs verändert?
Die NBCC hat mehr Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt. Aber mit dieser Art Aufmerksamkeit bin ich nicht einverstanden.
Die NBCC hat Brustkrebs in die politische Debatte gebracht...
Die Botschaft der NBCC ist: Geh zur Mammographie! Was dabei nicht erklärt wird: Die Geschwulst ist im Schnitt bereits sechs Jahre alt, wenn sie durch eine Mammographie abgebildet wird.
Mammographie bringt also nichts?
Doch. Aber sie verhindert keinen Brustkrebs. „Früherkennung“ verdient diesen Namen nicht. Denn die meisten Frauen entdecken eine Geschwulst bei der Selbstuntersuchung nur sechs bis zehn Monate später als eine Mammographie.
Im Oktober startet in Deutschland die Kampagne „Bewußtsein für Brustkrebs“. Dann werden auch hier die rosa Schleifen zu sehen sein.
Mir wäre eine Schüssel Miso, also leckere fermentierte Sojabohnen, lieber als eine rosa Schleife. Ihre einzige Botschaft ist: Denk über Brustkrebs nach! Aber das hilft den Frauen gar nicht.
Die Aids-Bewegung – deren Symbol die rote Schleife ist – hat doch viel erreicht.
Ja, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Aids ist ein Virus, das von Mensch zu Mensch weitergegeben werden kann. Die rote Schleife macht deutlich, was man tun kann, um Aids zu vermeiden: Benutze ein Kondom! Nimm keine Drogen! Was sagt die rosa Schleife? Geh zur Mammographie! Sie liefert keine Informationen, wie man gesund bleiben kann.
Die NBCC bekam durch ihre Protestaktionen Millionen für die Forschung zusammen.
Seit 50 Jahren wird an Behandlungsmethoden geforscht. Aber in puncto Prävention wird nur wenig gemacht. Wir wissen inzwischen, daß Umweltgifte Krebs verursachen. Rachel Carson, die an Brustkrebs starb, hat darüber geschrieben. In Israel hat man den Einsatz von bestimmten Pestiziden verboten, und innerhalb von zehn Jahren sank die Brustkrebsrate. Greenpeace hat ein dickes Buch über die Östrogen- und damit kanzerogene Wirkung dieser chemischen Stoffe herausgegeben.
Brustkrebs ist also nicht das unerklärliche Phänomen, als das es dargestellt wird?
Definitiv nicht. Die Prostatakrebsrate steigt mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Brustkrebsrate. Politisch gesehen heißt das: Wir müssen zusammenarbeiten – Frauen und Männer. Wir müssen nein zu diesen Umweltgiften sagen. Auf mehr Studien über Behandlungsmethoden kann ich verzichten!
Und dennoch akzeptieren Sie in Ihrem neuesten Buch die Schulmedizin?
Ich schreibe keiner Frau vor, welche Behandlungsmethoden sie nun wählen soll – ob sie nun Schulmedizin, Pflanzenheilkunde, Homöopathie oder sonst was für sich in Anspruch nimmt. Interview: Uta Andresen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen