: Warten auf Lothar M.
■ Sparta Prag, Dortmunds heutiger Champions-League-Gegner, stellt das halbe Nationalteam, hofft aber trotzdem auf eine prominente Verstärkung
Prag (taz) – Ottmar Hitzfeld staunte. „Mit dieser Mannschaft würden wir Probleme bekommen“, lobte Dortmunds Sportdirektor die Galaleistung von Sparta Prag beim 3:0 gegen Casino Salzburg Ende August, als sich der tschechische Meister für die Champions League qualifizierte. Zwei Tage später loste die Uefa die beiden Mannschaften in eine Gruppe. „Ich bin froh, daß wir zuletzt in Prag antreten“, kommentierte Hitzfeld anschließend, „in diesem Stadion springt der Funke leicht über, und Mitte Dezember ist übers Weiterkommen vielleicht schon entschieden.“
Zunächst muß aber der deutsche Meister heute abend im Westfalenstadion Sparta erst einmal schlagen. Daß dies nicht selbstverständlich ist, erfuhr vor zwei Wochen der AC Parma, der nicht über ein 0:0 in Prag hinauskam.
Die ersten Jahre nach der sanften Revolution waren die bisher größte Zeit des Rekordmeisters: In der Vorrunde der Champions League 1991/92 schlug Sparta Olympique Marseille und die Glasgow Rangers und scheiterte in den Gruppenspielen knapp am CF Barcelona. Benfica Lissabon und Dynamo Kiew waren damals gegen das Team von Kapitän Václav Němeček chancenlos. Der Mittelfeldspieler wechselte danach zu Servette Genf, wurde nach Teilung der ČSSR Kapitän der tschechischen Nationalelf und kehrte im Sommer überraschend zu Sparta zurück. „Mit ihm wollen wir an die europäischen Erfolge von damals anknüpfen“, hofft Trainer Jozef Chovanec, der 1990 mit der ČSFR im Viertelfinale dem späteren Weltmeister Deutschland unterlag. Für Dortmund dürfte es entscheidend sein, die Kreise Němečeks zu stören – vergangenen Samstag traf der 30jährige beim 4:1 gegen Ostrau zweimal. Offensivpartner Miroslav Baranek bleibt der Borussia zumindest heute erspart: Der 23jährige zog nach seinem Tor gegen Salzburg vor Freude das Trikot aus und stand im ersten Gruppenspiel gegen Parma bei einem Freistoß der Italiener zu nahe am Ball – macht zweimal Gelb und damit ein Spiel Sperre. „Die dümmsten Momente meines Lebens“, ärgert sich Baranek, der ebenfalls erst seit August in Prag spielt. Němeček und Baranek kompensieren die Abgänge von Martin Frýdek (zu Leverkusen) und Pavel Nedvěd (Lazio Rom), zweier Schlüsselspieler auch der Nationalelf. Deren Erfolg in Englang 1996 sieht Nedvěd als gutes Omen für seinen Ex-Klub: „Wir hatten damals Deutschland, Italien und Rußland in der Gruppe und kamen weiter. Sparta spielt fast gegen die gleiche Konstellation.“
Derzeit spielt Sparta allerdings soviel besser als der Vizeeuropameister, daß der Verein mittlerweile die halbe Auswahl stellt. Nach sieben Siegen in Folge führt Sparta in der Liga mit neun Punkten Vorsprung und ist zudem seit einem Jahr unbesiegt. Die meisten Spieler kennt Nationaltrainer Dušan Uhrin bestens – bis vor wenigen Jahren war er Trainer von Sparta. Als der Verband ihn berief, verpflichtete der Verein Jürgen Sundermann als Nachfolger, doch der mußte bereits nach zehn Spielen im Streit mit dem damaligen Vereinspräsidenten Petr Mach gehen. Kurz danach stieß der Autohändler Mach seine Sparta-Aktien an die Ostslowakischen Eisenwerke ab, so daß sich der tschechische Rekordmeister seit zwei Jahren ausgerechnet in der Hand des ungeliebten ehemaligen Bruderstaates befindet. Nicht wenige Fans kehrten dem Klub seitdem den Rücken.
Kurios ist, daß auch der slowakische Meister FC Košice den Ostslowakischen Eisenwerken gehört. Košice spielt in Gruppe B der Champions League gegen Rotterdam, Manchester und Juventus Turin. Der Stahlkonzern finanziert sowohl Košice als auch Prag einen überdurchschnittlichen Kader. Den größten Coup aber bereitet Sparta-Präsident Alexander Režeš nun schon seit Monaten vor: die Verpflichtung von Lothar Matthäus. Der Rekordnationalspieler, so der neueste Stand vom letzten Wochenende, wenn man der Lokalpresse glaubt, habe angeblich bereits zugesagt, gerüchtehalber sogar schon einen Vorvertrag unterschrieben. Noch im Herbst würde der Libero von Bayern München wechseln – allerdings unter der Bedingung, daß Sparta sich für die nächste Runde der Meisterliga qualifiziert. Doch dazu wäre ein Sieg im Westfalenstadion beim kränkelnden BVB fast Bedingung. Kann gut sein, daß der tschechische Meister heute abend mehr Probleme bereitet, als Ottmar Hitzfeld dachte. Wolfgang Jung
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