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„Härter als die Realität“

■ Warum soll es in Bremen Schutzzonen geben für prügelnde Ehemänner? Die Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe antwortet

Prügelnde Männer sollen in soziale Trainingskurse statt in den Knast gehen. Das sieht ein Modellversuch der Bremer Frauenbeauftragten Ulrike Hauffe vor. Nach Schätzungen des Kriminologischen Forschungsinstituts in Niedersachsen (KFN) ist durchschnittlich jede 14e Frau von Gewalt in der Familie betroffen. Strafverfolgung sei aber ein wenig geeignetes Mittel. Denn viele Frauen scheuten die Anzeige. Wir fragten Ulrike Hauffe, ob für gewalttätige Männer jetzt angenehme Schutzzonen gelten.

taz: Sind Sie jetzt Männerschutzbeauftragte, Frau Hauffe?

Ulrike Hauffe, Bremer Frauenbeauftragte: Selbstverständlich nicht. Wir versuchen, uns zur Lobby zu machen für Frauen, die sich aus einer Situation selbst schwer befreien können.

Und dazu sollen Männer strafmildernd behandelt werden?

Die Staatsanwaltschaft kann berücksichtigen, daß sich ein Mann dieser Maßnahme unterwirft. Das heißt nicht, daß von Strafe abgesehen wird. Es ist abhängig davon, was der Mann genau gemacht hat, und nur eventuell strafmindernd.

Wenn in diesen Zeiten alle von härteren Strafen sprechen, mutet diese Schutzzone komisch an.

Das ist überhaupt keine Schutzzone. Die Männer sollen sich endlich als Straftäter begreifen und nicht als jemand, der zufällig ausgetickt ist. Das ist eine noch härtere Maßnahme im Vergleich zur heutigen Realität.

Und wie sieht die aus?

Daß ein Mann zunächst in eine Ausnüchterungszelle kommt, weil meist Alkohol mit im Spiel ist. Danach passiert lange gar nichts. Wenn die Frau dann eine Strafanzeige stellt, dauert es zum Teil bis zu anderthalb Jahre, bis überhaupt etwas passiert.

Dann liegt das Problem auch bei der Justiz.

Das Problem fängt schon bei der Polizei an, die bislang eher geschlichtet hat, um dann möglichst schnell wieder aus der Wohnung zu kommen. Und wenn die Polizei nicht handelt, handelt auch die Staatsanwaltschaft nicht. Jetzt sollen beide schnell und Hand in Hand agieren. Außerdem wird die Polizei künftig eine statistische Kategorie im Bremer Westen aufmachen, um an bislang fehlende Zahlen zu kommen.

Viele Frauen stellen überhaupt keine Anzeige. Wieso sollten sie sich jetzt melden?

Wir wissen tatsächlich nicht, wer auf dieses Angebot reagiert. Die Polizei wird aber die Beteiligten vor Ort auf das neue Angebot ansprechen.

Was macht Sie so sicher, daß die Kurse helfen?

Dort soll eine Gewaltspirale durch Intervention durchbrochen werden. Die Männer werden dahingeführt, sich zum Täter zu erklären. Alkoholiker können auch erst geheilt werden, wenn sie ihre Abhängigkeit akzeptieren.

Haben Sie bestimmte Erfolgsergebnisse von anderen Projekten, die das beweisen?

Erstmal wäre es ein Erfolg, wenn über das Problem öffentlich gesprochen wird. Außerdem gibt es in den USA ein Projekt, das einen ähnlichen Ansatz verfolgt und das positiv läuft.

Und wo bleiben die Frauen dabei?

Sie bekommen das Angebot einer Gruppe sowie Einzelgespräche, genauso wie die Männer. Wie komme ich aus der Opferrolle heraus? Solche Fragen sollen da besprochen werden.

Das Kriminologische Institut in Hannover sagt: Ein Modellversuch muß wegen der Erfolgskontrolle wissenschaftlich begleitet werden.

Das ist wichtig aber dafür muß erstmal Geld da sein. Wir fangen ja erst mit dem Projekt an – und das nur mit Hilfe von Spenden. Wir haben als einziges Bundesland bisher die Zusammenarbeit zwischen Fachleuten, Polizei und Staatsanwaltschaft auf die Beine gestellt. Daran sind die anderen bisher gescheitert.

Das hört sich gut an. Doch wo kommen wir hin, wenn jetzt sämtliche gewalttätige Männer Sozialkurse wollen?

Wir ändern mit dem Projekt nicht die Gewalt von Männern an Frauen. Wir versuchen nur, den Teufelskreis zu durchbrechen. Das ist natürlich nur Symptom- und keine Ursachenbekämpfung.

Fragen: Katja Ubben

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