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Kodex gegen Steuerflucht

■ EU-Kommissar Monti will den Konkurrenzkampf um Steuerzahler beenden

Brüssel (taz) – Die EU macht einen neuen Versuch, die europäischen Steueroasen auszutrocknen. Der zuständige Kommissar Mario Monti hat gestern in Brüssel einen Verhaltenskodex vorgeschlagen, damit sich die EU-Regierungen nicht länger mit unfeinen Methoden gegenseitig Investoren und Geldanleger abjagen. Danach sollen sich die EU-Mitgliedsländer verpflichten, auf ausländische Unternehmen und Kapitalanleger zugeschnittene Steuervergünstigungen abzuschaffen, vor allem aber, keine neuen mehr einzuführen.

Besonders Bundesfinanzminister Theo Waigel drängt seit langem auf einen solchen Kodex. Er stößt sich daran, daß deutsche Sparer ihr Geld steuerfrei in Luxemburg anlegen, daß deutsche Showgrößen ihren Wohnsitz steuergünstig nach Belgien verlagern und deutsche Unternehmen ihre Gewinne kostenschonend über eine Briefkastenfiliale in Irland versteuern. Vor allem große Konzerne nutzen gerne die Möglichkeiten des europäischen Steuerdschungels, indem sie ihre Konzerngewinne dort versteuern, wo ihnen die Regierung das beste Angebot macht. Länder wie Irland bringen es auf diese Weise zu beträchtlichen Nebeneinnahmen. Doch unterm Strich gehen den EU-Finanzministern auf diese Weise jährlich rund 100 Milliarden Mark durch die Lappen.

Die Folge ist laut Monti, daß die Regierungen in ihrer Not die Arbeit immer höher besteuern und damit die Lohnnebenkosten hochtreiben. Nach seinen Berechnungen wär die Arbeitslosigkeit ohne den schädlichen Steuerwettbewerb um ein Drittel niedriger. Die vernünftigste Lösung wäre, den europäischen Binnenmarkt mit einem einheitlichen Steuersystem auszustatten. Doch dafür müßten die Finanzminister über ihren Schatten springen. Rund 30 Anläufe zur Steuerharmonisierung sind bereits im Sand verlaufen. Selbst der deutsche Finanzminister Theo Waigel, stets in vorderster Front, wenn es um Klagen über unfaire Steuerpraktiken der Nachbarn geht, schreckt regelmäßig zurück: Er fürchtet um die nationale Steuerhoheit. Zudem ist auch Bonn nicht frei von Sünde. Selbst Deutschland lockt ausländische Geldanleger mit steuerfreien Konten. EU-Kommissar Monti sieht dennoch Chancen für seinen Kodex, der nur von den 15 Finanzministern der EU-Staaten beschlossen werden kann. Die Lösung, so Monti, „ist das Paket“. Denn auch Luxemburg, das sich am vehementesten gegen eine einheitliche Zinsbesteuerung wehrt, leide unter der niedrigen Unternehmensbesteuerung in Irland. Wenn beide Probleme zusammen gelöst würden, habe auch Luxemburg ein Interesse daran. Alois Berger

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