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Nato knipst Karadžić Fernsehen aus

■ SFOR besetzt vier Sendeanlagen in der bosnisch-serbischen Republik. Sie sollen Präsidentin Plavšić, der Rivalin von Karadžić, zur Verfügung gestellt werden. Nato-Verteidigungsminister wollen vorerst Truppen nicht verringern

Split (taz) – SFOR-Truppen besetzten gestern morgen vier Sendestationen des bosnisch-serbischen Fernsehens. Offizieller Grund für das Eingreifen war ein verfälschter Bericht des Karadžić-treuen Senders über eine Pressekonferenz der Vorsitzenden des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, Luise Arbour. Der internationale Bosnienbeauftragte Westendorp hatte um die Besetzung gebeten. Beobachter hielten jedoch auch einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Bekanntgabe der Kommunalwahlergebnisse für möglich, die ursprünglich für gestern abend geplant war, jedoch verschoben wurde. Sie hätte Anlaß zu neuer radikal- nationalistischer Propaganda geboten.

Nato-Generalsekretär Javier Solana lobte die Aktion. Keiner der Sendetürme in Doboj, Trebević, Bijeljina und Trebinje sei beschädigt worden. Solana erklärte, die Sendeanlagen sollten der bosnisch-serbischen Führung unter der Präsidentin Biljana Plavšić in Banja Luka unterstellt werden, die sich in einem Machtkampf mit den Anhängern des als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadžić befindet. Die Karadžić-Anhänger drohten der SFOR mit „heftiger Vergeltung“. Die Nato-Verteidigungsminister beschlossen gestern, die 36.000 Mann starken SFOR-Truppen vorläufig nicht zu verringern.

Dem Fernsehsender Pale war mehrfach zügellose Kriegshetze vorgeworfen worden, beispielsweise als er im Juli nach einer Aktion zur Verhaftung von Kriegsverbrechern die SFOR-Truppen mit den Nazibesatzungstruppen während des Zweiten Weltkriegs verglichen hatte. Eine Nato- Aktion gegen die Sendeanlagen wurde von der demokratischen serbisch-bosnischen Opposition schon vor den Kommunalwahlen gefordert, um einen fairen Wahlkampf zu ermöglichen. Daß sie jetzt erst erfolgte, könnte nach Spekulationen in Sarajevo mit Rücksichtnahmen gegenüber der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zusammenhängen, die den Wahlprozeß organisiert hat und Störungen um jeden Preis vermeiden wollte. Daß die Auszählung der Stimmen sich so lange hingezogen hat, gibt zu Kritik an der OSZE Anlaß. Noch ist nicht geklärt, ob die mit großem Aufwand und Personal erfolgte Stimmenauszählung lediglich durch Einsprüche verschiedener Seiten oder durch „politische Gespräche“ im Hintergrund über die Konfliktgemeinden Mostar und Brčko verzögert wurde. Erich Rathfelder

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