: Letzte Fragen
Was ist besser: In einem schönen Haus zu wohnen und auf ein häßliches zu gucken oder in einem häßlichen Haus zu wohnen und auf ein schönes zu gucken? (27.9.97)
Ich wohne in einem schönen Haus und schaue auf ein häßliches. Das ist nicht schön. Bis vor zwei Jahren stand nämlich an der Stelle noch kein Haus, sondern ein Garten, und daher weiß ich es ganz genau.
XX anonym, damit es keinen Stunk mit
den Nachbarn gibt
Herr P. wohnte in einem schönen, geräumigen, architektonisch wunderbar gestalteten Haus mit großen Fenstern und einem Kamin. Herr M. wohnte in einem häßlichen Haus, gebaut nach dem Krieg, lieblos in die Höhe gezogen. Eines Tages schrieb Herr P. seinem Nachbarn einen Brief. Er hatte den Vorschlag zu unterbreiten, für ein Wochenende das Haus zu tauschen. Was er damit bezweckte, war ihm noch unklar. Aber der Drang wurde von Tag zu Tag größer, und zwar in dem Maße, wie er sich vorstellte, daß Herr M. vielleicht doch zufriedener war als er. Der Blick auf sein Grundstück morgens beim Frühstück – eine Augenweide? Herr M. war einverstanden. Und so kam es, daß sie nach einiger Zeit erfuhren, daß sie es beide gleich schlecht hatten.
Javier de la Poza
Am besten ist es, in einem schönen Haus zu wohnen und auf kein weiteres Haus zu gucken.
Gywean
Ist denn ein schönes Haus wirklich schön, wenn man, aus ihm herausschauend, ein häßliches Haus sieht?
Gisela Tamm, Ottersberg
Was passiert, wenn ich in einem häßlichen Haus wohne? Werde ich als lebhafter Kontrast zu meiner Behausung wahrgenommen, übertüncht das morbide Grau meiner Bleibe meine mir eigene Blässe und verleiht mir eine farbenfrohe und somit positive Aura, die mir ein schönes Haus nie gewähren würde, weil ich mich nicht nur nicht davon abhebe, sondern rein äußerlich sogar dahinter zurückbleibe? Dann will ich in einem häßlichen Haus wohnen.
Wenn es aber so ist, daß ich mit meiner Behausung von meinen stets wie aus dem Ei gepellten Nachbarn identifiziert werde, verhalten sich die Dinge grundlegend anders. Ich möchte nicht morgens beim Bäcker ihre abschätzigen Blicke auf mir fühlen, möchte nicht zu hilflos stammelnden Erklärungsversuchen über den Zustand meines Heims ansetzen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, weil sich ihr Bild von mir verfestigt hat. Natürlich will ich dann in einem schönen Haus wohnen. Ich bin schließlich vorurteilsfrei genug, um die schöne Nachbarin unabhängig von der bröckelnden Fassade ihres Altbaus beurteilen zu können.
Wieso ist es eigentlich nicht möglich, in einem schönen Haus zu wohnen und auf ein schönes zu gucken? Hat das was mit Murphys Gesetzen zu tun? Ich bin ratlos und verwirrt und rege somit an, diese Frage in der nächsten Ausgabe als eine der ewigen Alltagsfragen zu behandeln.
Joachim Düsing, Alfeld
Sähen die Häuser von innen annähernd ähnlich aus, gäbe es keinen Garten, von dem aus man dann ja gezwungen wäre, sein eigenes Haus beständig anzuschauen, so denke ich, ist die Frage nicht so knifflig: Im von außen häßlichen Haus wohnen, da von innen behaglich, und auf die behagliche Fassade des Nachbarhauses schauen ist allemal besser.
Sebastian Gerber, Marburg
Nach welchen Kriterien entscheidet sich, ob aus einer Ursula abkürzungshalber eine Uschi oder Ulla wird? (27.9. 97)
38 Jahre Warten sind vorbei! Am 26. Juli 1997 lernte ich Ursula Lorenz kennen! Schnell wurde das redaktionelle Konzept der taz geändert, um mir die Frage aller Fragen bewußt zu machen, die mich bis zum Einschlafen beschäftigen wird: „Warum heißt meine Uschi nicht Ulla?“ Also noch einmal für alle: „Nach welchen Kriterien entscheidet sich, ob aus einer Ursula eine Uschi oder Ulla wird?“
Hans-Georg Kolpak, Frankfurt
Das hat vermutlich etwas mit Norddeutschland und Süddeutschland zu tun. In Bayern und Baden-Württemberg gibt es nach meinen Erfahrungen eher Uschis, in Hamburg und Schleswig-Holstein eher Ullas. Das liegt vielleicht daran, daß der Norden näher an Dänemark und Schweden liegt und Ulla ein bekannter schwedischer Vorname ist.
Katja Neubert, Freiburg
Warum sind die Wimpelgirlanden von Gebrauchtwagenhändlern stets blau-silber oder blau-weiß? (27.9. 97)
Im Entree begrüßen die Wimpelgirlanden zunächst mit ihrem Klang. Verheißt nicht das lustige Geknatter eine frohe Rückkehr in die automobile Welt oder gar, für den Erstkäufer, geradezu die Initiation in die Gemeinde der glücklichen Raser? Und so erklärt sich auch die Farbe. Gut, Weiß allein erklärt erst mal gar nichts. Und Blau allein: erinnert höchstens an die Augen Neugeborener und könnte irgendwie für Neuanfang stehen. Ist aber nicht so naheliegend. Naheliegender schon eher: Postkartenhimmel. Das isses! Und jetzt Weiß dazu! Wer denkt da nicht an die enteilenden Wolken, mal in würdevoller Eleganz schwebend, mal ungeduldig vorbeibrausend, immer aber die Gewißheit verbreitend, daß es hinter dem Horizont noch weiter geht? Kurzum: unbeschwerter Optimismus. Natürlich gibt es auch dunkle Himmelsformationen, Gewitterwolken und so. Aber erstens sind sie dunkel, und wer geht an einem solchen Tag schon zu einem Gebrauchwagenhändler?
Hardy Milberg, Berlin
Die meisten Markenzeichen deutscher Autohersteller sind in Blau-Weiß gehalten: VW, BMW, Ford etc. Und Aral-Tankstellen sind auch blau-weiß. Wahrscheinlich haben die deutschen Autohersteller diese Wimpelgirlanden herstellen lassen und verteilen sie kostenlos an die Gebrauchtwagenhändler, so wie Brauereien ihre Sonnenschirme und Gläser verteilen. Mit den weiß-blauen Wimpeln sollen die Käufer dann unterbewußt in ihrem Kaufverhalten beeinflußt werden.
Werner Sonne, Wuppertal
Anders als bei fabrikneuer Ware, die meistens von den Herstellern mit einem Richtpreis auf den Markt gelangt, sind die Preisunterschiede bei gebrauchten Waren oft sehr hoch. Wer ein gebrauchtes Auto kaufen will, muß Preise vergleichen. Gebrauchtwagenhändler sind daher überhaupt nicht daran interessiert, sich optisch von ihrer Konkurrenz zu unterscheiden. Im Gegenteil, mit ihrer identischen Dekoration (blau-weiße Girlanden) signalisieren sie, daß auch sie gebrauchte Autos verkaufen und daß es sich lohnen wird, ihr Angebot zu begutachten.
Jürgen Friedmann, Frankfurt
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