: Russische Kunst im Massenangebot
■ In einem gigantischen Kunstdeal stehen 1.900 Gemälde und Plastiken aus der Sammlung des ehemaligen sowjetischen Künstlerverbandes in Berlin zum Verkauf. Deutscher Hotelbesitzer aus Moskau will 20 bis 30 Mi
Tausende von Gemälden und Plastiken aus Rußland stehen ab 17. Oktober auf dem Gelände der früheren Transformatorenfabrik AEG-TRO in Oberschöneweide zum Verkauf. Eine „Russian Art Galerie“ bietet dort zunächst rund 1.900 Exponate an – einen großen Teil der Sammlung des ehemaligen Verbandes sowjetischer Künstler. Wenn der Verkauf floriert, sollen „weitere 3.000 Exponate folgen“, sagt Dieter Fietz, der jetzige Besitzer der Kunstwerke. Fietz, ein Berliner, betreibt zwei Hotels in Moskau.
„Seit sieben Jahren gab es kein Kunstgeschäft dieser Größenordnung zwischen Rußland und Deutschland“, schätzt Fietz. Barbara Straka, Kennerin osteuropäischer Kunst und Leiterin des Ausstellungshauses am Waldsee, hält den Transfer ebenfalls für „außergewöhnlich“. Zum Vergleich fällt ihr nur eine große Versteigerung des britischen Auktionshauses Sotheby's in Moskau 1988 ein.
Zwischen 1924 und 1992 – von der Stalin-Epoche bis zur Ära der Gorbatschowschen Perestroika – mußten die KünstlerInnen der früheren Sowjetunion ihrem Verband Jahr für Jahr Werke zur Verfügung stellen. So kam ein riesiges Lager mit Öl- und Aquarellgemälden, Graphiken und Büsten, aber auch Gobelins zusammen. Nach der Auflösung des Verbandes 1992 sei das Lager „privatisiert“ und auf die Nachfolgestaaten der Sowjetunion aufgeteilt worden, erklärt Dieter Fietz. Im April 1997 habe er die Hälfte des russischen Bestandes gekauft und verfüge über eine Option auf den Rest.
Für die erste Hälfte der Sammlung hat Fietz nach eigenen Angaben „unter zehn Millionen Mark“ bezahlt. Durch den Verkauf in Deutschland strebt er einen Erlös in „doppelter oder dreifacher Höhe“ an. Jedes Kunstwerk müßte deshalb durchschnittlich rund 10.000 Mark bringen. Die osteuropaerfahrene Galeristin Barbara Weiss ist da skeptisch: Gegenwärtig laufe der Markt für russische Kunst nicht so gut wie noch Anfang der 90er Jahre.
Normalerweise verhalten sich die russischen Behörden beim Export von Kunstobjekten äußerst restriktiv. Privatleute haben Schwierigkeiten, auch nur einzelne Gemälde auszuführen, die sie in Moskauer Galerien kaufen. Den Export der 1.900 Kunstwerke aber habe das russische Kulturministerium offiziell genehmigt, erklärt Kunsthändler Fietz. Die Tretjakow-Staatsgalerie, das renommierteste Museum in Moskau, habe zuvor eine Expertise erarbeitet, um die Gemälde und Plastiken zu bewerten. Auf dieser Basis habe der russische Zoll dann „unter 500.000 Mark“ Gebühren für die Ausfuhr erhoben. Der deutsche Zoll habe die üblichen sieben Prozent Importzoll kassiert. Von der Oberfinanzdirektion, der der Zoll untersteht, war bislang keine Auskunft über die Rechtmäßigkeit des Geschäfts zu erhalten.
Unter den exportierten Kunstwerken befinden sich viele mit religiösen Darstellungen. Häufig sind ferner Objekte des sozialistischen Realismus, die Ernteszenen und Traktoren zeigen. Mindestens 15 der ausgestellten Künstler seien „international bekannt“, so Fietz. Genauere Angaben sollen im Katalog veröffentlicht werden.
Dieter Fietz ist Besitzer der Firma High Technology Corporation mit Sitz im Steuerparadies Liechtenstein. Deren russische Tochter mit gleichem Namen betreibt unter Fietz' Leitung seit dreieinhalb Jahren das Art Hotel (drei Sterne) und seit einem Jahr das Art Sport Hotel (vier Sterne) in Moskau. Chefin der Russian Art Galerie ist Fietz' Lebensgefährtin Alina Kramer, die nach eigenen Worten zuvor kein derartiges Unternehmen geleitet hat. Hannes Koch
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