Vorhang zu für Off-Kino

■ Das preisgekrönte Lichtblick-Kino in Mitte wird vom großen Konkurrenten verdrängt

Nacht über dem Lichtblick: Das Kino in der Wolliner Straße in Mitte hat geschlossen, obwohl es ihm wirtschaftlich gut ging und es sich in seinem Bezirk etabliert hatte. Am 30. September flimmerte die letzte Vorstellung über die Leinwand. „Che Guevara – das bolivianische Tagebuch“ und „Berkeley in the Sixties“ standen zum letzten Mal auf dem Programm.

Der Grund für die Räumung: Das kleine Off-Theatern mit 48 Sitzen wird von einem kommerziellen Kino verdrängt. Das angrenzende Delta-Kino, mit dem man sich über zwei Jahre hinweg die Räume teilte, will expandieren und hat sich mit dem Vermieter schon früh geeinigt. „Über eine Verlängerung unseres Mietvertrages konnten wir gar nicht mehr verhandeln“, meint Torsten Friese vom Lichtblick-Kino. An eine Zusammenarbeit mit dem Delta- Kino sei nicht zu denken: „Von dem Betreiber kamen keine ernstzunehmenden Angebote“.

Dabei hatte Lichtblick mit seinem Konzept durchaus Erfolg: Rund sieben Mark kostete die Eintrittskarte für das außergewöhnliche Programm, obwohl das Kino gänzlich ohne staatliche Förderung arbeitete. Retrospektiven von Filmemachern wie Buñuel und Fellini zeigte der Kollektivbetrieb von zehn Leuten ebenso wie Dokumentarfilme und unabhängige Produktionen. Die Auswahl wird nicht nur von einem treuen Besucherstamm der alternativen Szene anerkannt, sondern auch von offizieller Seite: Am 15. Oktober erhält das Lichtblick in Bonn den Filmprogrammpreis des Bundesinnenministeriums und den Sonderpreis für Kurz- und Dokumentarfilm.

Die Filmvorführung war jedoch nicht die einzige Attraktion: Neben dem regulären Programm wurden im Lichtblick regelmäßig Soli-Feten für Alternativprojekte veranstaltet. Außerdem produzierte die Gruppe einen 35mm- Kinospot. Das Kino will nun auf Raumsuche gehen. „Wir wollen auf jeden Fall weiter zusammenarbeiten“, bekräftigt Friese. Corinna Budras