: Sparbrötchen backen
■ Rotgrün verhandelt Haushalt und einigt sich auf „Sensibilitätsliste“
Schnittchen waren gestern die stummen und stetig weniger werdenden Zeugen der ersten rotgrünen Verhandlungsrunde zweieinhalb Wochen nach der Bürgerschaftswahl. Um High Noon trafen sich die je 12köpfigen Delegationen unter Führung des designierten SPD-Bürgermeisters Ortwin Runde und der GAL-Fraktionschefin Krista Sager zur Selleriecremesuppe im Bürgersaal des Rathauses. Zum Auftakt ging es um den schwierigsten Brocken der Koalitionaverhandlungen: ums Geld. Angesichts der verzweifelten Lage „muß man sich fragen, warum so eine starke Konkurrenz besteht, in die Regierung zu kommen“, sagte Runde nach knapp sechsstündigen Gesprächen. Denn der Etatentwurf für 1998, den Noch-Finanzsenator Runde vorgelegt hat, geht von viel zu optimistischen Steuererwartungen aus, die spätestens nach der Novembersteuerschätzung revidiert werden müssen.
„Wir werden an Vermögensveräußerungen nicht vorbeikommen“, berichtete Sager aus dem „konsensualen Gespräch“. Die rotgrüne Frage lautet, ob zunächst HEW, Landesbank oder Flughafen dran glauben müssen oder eine ganz andere Lösung gefunden wird. Keine weiteren HEW-Anteile zu verscherbeln, hatte die GAL parteiintern als Knackpunkt definiert.
Gestern wollten Sager und Runde nur verraten, daß man sich auf eine „Sensibilitätsliste“einigen will. Städtische Wohnungen sollten nur in allergrößter Not verkauft werden. Die bereits an die Landesbank verschobenen HEW-Anteile sieht die GAL als verloren an. Ansonsten sah Sager bei der SPD „keine Blockaden“; man sei sich „auch in schwierigen Bereichen schnell näher gekommen“. Daß die SPD sich auf die Anpassung der Hafenpachten an marktübliche Mieten einläßt, wie von der GAL vehement verlangt, ist zweifelhaft.
Denn vor der Bundestagswahl soll nicht der Eindruck entstehen, die Wirtschaft müsse um ihre Privilegien fürchten. Allerdings dürfte die Verselbständigung des schwerfälligen Amts für Strom- und Hafenbau auf der Tagesordnung stehen. Am Dienstag sollen die Verhandlungen mit dem Thema Wirtschaft, Hafen, Arbeit fortgeführt werden.
Silke Mertins
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