■ Ürdrüs wahre Kolumne
: Harry muß wieder her!

Ehrfurchtsvoll verneige ich mein Haupt vor dem braven Yogi-Mann, der sich glühende Kohlen auf die Zunge schaufeln läßt und zwischen zischenden Nattern sein Haupt auf ein winzig kleines Dinkelkissen bettet, um so die Schuld des Menschen an Gott und Schöpfung abzutragen. Die mehrwertsteuerpflichtigen Gurus und per American Express oder Einzugsermächtigung zahlbaren Visionäre des Bremer Eso-Forums müssen nicht gleich alle durch die Bank Faschisten sein, um mit den Ökolinxen an diesem Wochenende zu fordern: „Runner vom Hoff!“. Das gebieten schon Verbraucherschutz und der Respekt vor den Engeln, die auf der dazugehörigen Messe mitsamt ihrer Energie von einem Anbieter aus dem Teufelsmoor (!) verramscht werden sollen. Wenn es weder mit guten noch mit bösen Worten klappt, empfehle ich schrille Obertöne und den Einsatz weißmagischer Gebrauchshexen.

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Ziemlich gelangweilt nahm man gestern die Kurzmeldung von der Entschärfung einer Panzergranate an der Franz-Schütte-Allee auf. Und wehmütig erinnern wir uns jener gar nicht allzufernen Zeit, als der hochverehrte Sprengmeister Harry Warrelmann aus solchen Petitessen noch eindrucksvolle Inszenierungen gestaltete. Mit mutigen Kameramännern und Sensationsreportern vor Ort, weitläufigen Absperrungen und Evakuierungen der Bevölkerung in Turnhallen und Ortsämtern. Überall in der Hinterhand Rettungssanitäter und ansonsten explosive Stimmung wie anno dunnemals im Weltkrieg-II-Bunker. Mit stiller Wut denken wir daran zurück, daß man diesen grandiosen Freilicht-Regisseur Harry wegen ein paar mißbräuchlicher Peseten einfach so abservierte und Bremen damit das letzte bißchen Gemeinschaftserleben außerhalb von Freimarkt und Kohlsaison verlor.

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Nachdem ich mich mit einigen anderen alten Säcken im Jungen Theater podiumsmäßig über Straßenbahnunruhen, RAF und andere Gegenstände der politischen Archäologie unterhalten hatte, zog es mich einmal mehr in den untergründigen AKAS-Club für angewandte Lebensfreude. Dort informierte mich eine junge Dame beiläufig, daß das kommende Jahr nach irgendwelchen Erkenntnissen der Samen im nördlichen Norwegen eine Zeitenwende zum Besseren bringen werde, wie sie die Menschheit zuvor noch nie erlebt habe. Soll es also wirklich wahr werden, daß die Vernunft obsiegt und niemand mehr Bier aus Dosen trinkt oder Schulmeister in Lebenskrisen als Hafensenatoren beschäftigt? Wird der SV Werder vor der Vergabe seiner „Winterzauber“-Party an den Kneipier und Harleyfahrer Achim G. darauf drängen, daß dieser seine Astoria-Schulden in vierstelliger Höhe beim mittelständischen Lohnschreibe UrDrü begleicht? Und bekommen die Junkies und Penner am Ziegenmarkt endlich ein Klo, damit sie nicht länger in den Vorgarten von Stefan Schafheitlin abkötteln müssen? Dies wären die Zeichen, die wir sehen wollen, ehe wir an die samische Vision glauben.

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So geht Albert (24) in Walle in der Telefonzelle auf Wohnungssuche: „Junger Mann mit Papagei (weiblich) sucht Wohngemeinschaft mit junger Frau mit Papagei (männlich) zwecks Zucht“. Du traust dich was, Albert... . Meint jedenfalls

Ulrich Reineking etc.