Kult und Krise

Die Beach Boys und der Satan

Montag, 22.25 Uhr, 3Sat

So recht mag man sie nicht in einen Zusammenhang bringen wollen: die Beach Boys und Charles Manson, die Surfboys und ihre beschwingten Lieder und den Sektenführer und Massenmordanstifter.

Eine lose Verbindung aber gab es, denn Dennis Wilson, der Schlagzeuger der Band, besaß kurzzeitig Kontakte zur Manson- Familiy. Doch Regisseur Christoph Dreher geht es in seinem Film, der den Auftakt zu einer 12teiligen Reihe auf Arte über die Geschichte der Popkultur bildet, grundsätzlich um die zwei Seiten der Sixties-Medaille: So easybeat, lieb und friedlich war es eben auch in den Sechzigern nicht, und gerade auch unter der heiteren und sonnigen Fassade Kaliforniens schlummerte viel Morbides, Dunkles und Abgründiges.

Ohne Kommentar aus dem Off montiert Dreher in seinem Film alte Dokumentaraufnahmen mit aktuellen Interviews, die er mit Brian Wilson und Zeitgenossen wie Don Was, Greg Shaw und Kim Fowley geführt hat. Neben üblichen Sixties-Verklärungen („Wir wollten ein spirituelles Maß an Liebe in die Welt bringen“, „In den Fünfzigern gab es keinen Sex und keine Jugend“) erfährt man so auch anderes, Weltbewegenderes. Zum Beispiel, warum es überhaupt Beach-Boys-Musik gab: „Weil mein Vater so grausam war.“ Oder wie sich das verhält mit dem Alter, der Jugend und dem Rückschauen, wenn David Thomas von Pere Ubu weiß: „Es gibt Emotionen, die 17jährige nicht empfinden können, 30- bis 40jährige aber sehr wohl.“

Mit dem Album „Pet Sounds“ schließlich, einem der Meilensteine der Popmusik, ging es für die Beach Boys und Brian Wilson bergab, paradoxerweise. Doch man mag bezweifeln, ob diese Bandkrise gleich einen Wendepunkt für die gesamten Sechziger bedeutete und der Anfang vom Ende mit Manson war. Manchmal wird da ein bißchen viel zusammengeschmissen, werden – trotz oder vielleicht gerade durch das „empirische Geschichtenerzählen“ (Dreher) – zuviel krude Analogien bemüht. Und daß „Punk tot ist und der Manson-Kult total lebendig“, wie der Künstler Mike Kelley meint, will auch erst noch durch diverse Seminararbeiten bewiesen werden. Gerrit Bartels