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Mehr als alter Glanz und Nelkenrevolution

■ Portugal ist das Schwerpunktthema der Buchmesse und sucht „Wege in die Welt“

Berlin (taz) – 1976 setzte die Buchmesse erstmals ein Schwerpunktthema, um gezielt die Literatur eines Landes zu fördern. Damals ging es um Lateinamerika, und weil die Sache ein großer Erfolg war, hielt man an der Idee fest. Seither rotiert der Literaturbetrieb pflichtgemäß jede Saison nach den geographischen Vorgaben aus Frankfurt, auch wenn die Auswahl der Länder, die nach Einreichung inhaltlicher Konzepte und Finanzierungspläne jeweils den Zuschlag erhalten, etwa so zwingend ist wie die Vergabe der Olympischen Spiele durch das greise IOK.

In diesem Jahr steht nun Portugal im Mittelpunkt. Das Thema „Portugal: Wege in die Welt“ soll zum 500. Jahrestag der ersten Entdeckungsfahrt Vasco da Gamas an den Aufbruch der Portugiesen in die Neue Welt erinnern. Vasco da Gamas Eroberungen begründeten das portugiesische Kolonialreich und die bedeutendste Epoche der portugiesischen Geschichte im 15. und 16. Jahrhundert.

Neun Millionen Mark läßt sich das südeuropäische Land seinen Auftritt in Frankfurt kosten – Eigenwerbung nicht nur für die Literatur, sondern auch Förderung fürs Tourismusgewerbe. Ein extra errichteter, futuristisch gestalteter Pavillon dient als Forum für Lesungen von mehr als 40 portugiesischen Autoren – unter ihnen Altmeister José Saramago, Lidia Jorge und Mario de Carvalho – und für Ausstellungen zur portugiesischen Geschichte und Kultur: Gelegenheit, zu entdecken, daß Portugal mehr ist als Nelkenrevolution und ein untergegangenes Kolonialreich.

Bereits die Eröffnungsveranstaltung heute nachmittag ist portugiesisch dominiert. Der Essayist Eduardo Lourenco hält die literarische Eröffnungsrede, gefolgt von Staatspräsident Jorge Sampaio. Insgesamt gibt es auf der Messe und um die Messe herum 523 Veranstaltungen zum Thema Portugal; bundesweit sind es mehr als 1.300. Da kann, wer sich überhaupt nicht für Portugal interessiert, nur aufs nächste Jahr hoffen: Dann ist die Schweiz Thema. Und 1999 folgt Ungarn. mag

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