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Nobelpreis für den Aktienboom

■ Auszeichnung für Wirtschaft geht an zwei amerikanische Theoretiker

Berlin (taz) – Der Nobelpreis für Wirtschaft geht wieder einmal in die USA: Preisträger sind der 1944 geborene Havard-Professor Robert Merton und sein drei Jahre jüngerer Kollege Myron Scholes aus Stanford für ihre „bahnbrechende Formel“ zur Berechnung des Preises von Optionsscheinen.

Mit solchen Optionen können Unternehmer, Händler und Fondsmanager ihre Geschäfte gegen schwankende Zinsen, Wechsel- und Aktienkurse absichern. Lange rätselten die Ökonomen über den angemessenen Preis für solche Optionen. Es dauerte siebzig Jahre, bis Scholes und sein vor zwei Jahren verstorbener Kollege Fischer Black 1973 ihre Formel herausbrachten, mit der Optionsgeschäfte zu einer kalkulierbaren und seriösen Sache wurden. Merton hatte die beiden bei der Entwicklung ihrer Formel beraten und diese später verfeinert. Dem Nobel-Komitee zufolge legte die Formel den Grund für den Boom dieser Geschäfte in den vergangenen Jahren, der wiederum ein wichtiger Grund für den Aufschwung der Aktienmärkte ist.

Die Risikoabsicherung funktioniert so: Wenn zum Beispiel eine deutsche Exportfirma Rohstoffe einführen will und das Geschäft wie üblich in Dollar vereinbart, trägt sie das Risiko, daß die Mark gegenüber dem Dollar bis zum Liefer- und Zahltag stark absinkt. Das würde den Kauf erheblich verteuern. Zum Schutz erwirbt die Firma nun an der Börse eine Kaufoption für Dollars in Höhe des Lieferpreises zu einem Kurs nahe dem aktuellen Kurs. Steigt der Dollar, nimmt sie die Optionen wahr; steigt er nicht, läßt sie die Option fallen und hat nur den Optionspreis als Verlust.

Die Black/Scholes-Formel brauchte nur zwei Jahre, bis sie anfing, sich auf den Optionsmärkten zu verbreiten – beispiellos schnell für eine theoretische Arbeit in Ökonomie. Heute ist sie die gängige Berechnungsmethode auf den Märkten. Sie ist anwendbar auf Termingeschäfte, wie auch außerhalb der Börsen zur Bewertungen von Garantien und Investitionen.

Optionsgeschäfte wurden immer wieder kritisiert, weil sie Spekulationen gegen Währungen erst möglich machen. So spielten sie 1992/93 eine große Rolle bei der Krise des Europäischen Währungssystems und dem Rausfall des britischen Pfundes. urb

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