Ohne Zuschuß nicht lebensfähig

■ Arbeitsförderbetriebe für Arbeitslose können sich nicht gänzlich selbst finanzieren. Senatorin Bergmann verlängert die Subventionierung

Die Latte lag hoch. Nach nur drei Jahren sollten die Arbeitsförderbetriebe ohne staatliche Zuschüsse aus eigener Kraft auf dem Markt überleben. Doch daraus wird nichts, wie Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) jetzt einräumt: „Die meisten Betriebe kommen nicht ohne Subventionierung aus.“ Eines der innovativsten, mit vielen Vorschußlorbeeren bedachten Konzepte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird damit von der Wirklichkeit eingeholt.

Von Niedersachsen abgesehen, war Arbeitssenatorin Bergmann 1993 bundesweite Vorreiterin: Ihre Verwaltung gab Arbeitslosen und Leuten, die von Jobverlust bedroht waren, eine ganz besondere Chance. Kleine Firmen, sogenannte Arbeitsförderbetriebe, sollten drei Jahre lang großzügige, aber regelmäßig abnehmende Zuschüsse vom Land erhalten, um in dieser Zeit in Ruhe neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln zu können.

Nach Ablauf dieser Zeit sollten sie in der Lage sein, sich durch den Verkauf ihrer Waren auf dem normalen Markt selbst zu finanzieren. Ein geglückter Übergang vom „zweiten“ (staatlich subventionierten) zum „ersten“ (kapitalistischen) Arbeitsmarkt, so das Kalkül. Jetzt allerdings weiß auch Klaus Dürr, Arbeitsmarktsprecher der SPD: „Kaum einer der rund 40 Betriebe ist ohne Zuschüsse lebensfähig.“

Unter den erfolgreichsten Arbeitsförderbetrieben findet sich die Firma In-vitro-tec, die Pflanzen für Extremstandorte wie Bahndämme und Dachbegrünungen züchtet. Doch selbst diese Firma konnte das hochgesteckte Ziel bislang nicht erreichen. Etwa 20 Prozent des Umsatzes stammten noch aus staatlichen Töpfen, weiß Geschäftsführerin Ursula Dathe. Sie kennt die Ursache. Die Beschäftigung von ehemaligen Arbeitslosen und älteren Frauen vertrage sich nur bedingt mit den harten Anforderungen des Marktes – Produktivität und Gewinn lassen zu wünschen übrig. „Das ursprüngliche Konzept ist so nicht realisierbar“, sagt Dathe. Selbst die Halbierung des Personals führte bei In-vitro- tec, aber auch vielen anderen Arbeitsförderbetrieben nicht in die Gewinnzone. Während die Firmen 1995 noch 1.449 Menschen beschäftigten, sind es in diesem Jahr nur noch 834.

Der Versuch der Arbeitsförderbetriebe ist jedoch nicht gänzlich fehlgeschlagen. „75 Prozent Eigenfinanzierung sind eine gute Leistung“, sagt Ursula Dathe von In- vitro-tec. Die Latte der einstmals zu hohen Anforderungen müsse allerdings tiefer gelegt werden. „Unbefristete Zuschüsse wären wünschenswert“, meint deshalb SPD-Politiker Dürr. Schließlich böten die Betriebe sinnvolle Produkte und Dienstleistungen an. Und sie ersparten der Gesellschaft einen großen Teil der Kosten, die sonst für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit entstünden. So hat auch Arbeitssenatorin Bergmann von ihrem ursprünglichen Ziel Abschied genommen und die Subventionierung für die kommenden Jahre verlängert. Hannes Koch