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What's hot, what's notJudy Garlands Haare

■ Wellen, Locken, Zöpfe, Ponys – Geschmack in und um Hollywood herum

Ohne Aufsehen ist er von uns gegangen, mit 89 hochbetagt – eine der unberühmtesten Berühmtheiten des Filmgeschäfts. Sydney Guilaroff war Friseur. Kein Dorfbarbier, der auch Zähne zieht, sondern der Friseur der Hollywood-Diven. Guilaroffs Kunst konnte glücklich in Zeiten gedeihen, da es das Ziel jedes kleinen Starlets war, eine Hollywood-Diva zu werden, in einer Ära, als keine Schauspielerin, die auf sich hielt, Wert darauf legte, mit der pudeldauerwelligen „Frau von nebenan“ verwechselt zu werden. Die Umkehrung dieses Bestrebens in sein Gegenteil war die unselige Voraussetzung dafür, daß Basketballstars und Supermodels die Diven-Rolle heute ungeniert okkupieren.

Sydney Guilaroff frisierte Greta Garbo, Lana Turner und Liz Taylor. Sein Aufstieg begann damit, daß er Claudette Colbert eine kurze Ponyfrisur schnitt. Er überredete Shirley Mac Laine und die wunderbare Komikerin Lucille Ball dazu, sich die Haare rot zu färben. Aus Marilyn Monroe machte er, in Tateinheit mit Monroes Coloristin, ein Platinwunder. Guilaroff legte Ava Gardners Strubbelfusseln zu mondänen Wellen und setzte Judy Garlands „Wizzard of Oz“-Zöpfe durch, obwohl das Studio „big hair“ bestellt hatte. „Every image forms an opinion“, sagen die Amerikaner. Guilaroff schenkte den Schauspielerinnen etwas mehr von dem, was sie zu Diven machte: Präsenz. Präsenz aber nährt sich aus der Ästhetisierung von kleinen Besonder- und Unregelmäßigkeiten. Guilaroff „formte nicht nur Haarmoden, sondern die kulturelle Sensibilität einer ganzen Epoche“ (Lindsy Van Gelder).

Man kennt die Szene aus unzähligen alten Filmen. Das Paar präpariert sich für Oper, Konzert, Maxim's und sonstiges. Auftritt sie: ganz überiridisch verwandelte Erscheinung, was sein Begehren auf der Stelle weckt. Der Zuschauer merkt es am stechenden Blick seiner Glubschaugen, am Zittern des Menjou-Bärtchens. Doch sie weist ihn königinnenhaft von sich. Pfui! „Das Berühren / der Frisüren / mit den Pfoten / ist verboten.“ Wäre ja auch noch schöner, die ganze Arbeit, das Ziepen beim Auskämmen und Toupieren, das teure Geld in einer Sekunde dahin. Der alte Hollywood-Film behandelt Frisur und Garderobe als unter Mühen kreierte Kunstwerke, deren Leben es zu verlängern gilt. Der neue Hollywood-Film hingegen tut so, als seien es Selbstverständlichkeiten, von der Hauptdarstellerin (think Michelle Pfeiffer in „One Fine Day“) nämlich in Null Komma nichts während der Mittagspause mal eben gerichtet. Leser: Welche Haltung ist die frauenfeindlichere?

Leser: Dies ist eine moderne Zeitung, deren Mitarbeiterinnen Naomi Woolf und Nancy Friday innerlich vollständig verarbeitet und dialektisch auf die nächsthöhere Stufe transportiert haben. Ganze taz-Abteilungen lackieren sich Nägel aller Art, allen voran die darin immer untadelige „Wahrheit“. Wenn jeder nach seiner eigenen Fasson schön sein darf, so gibt das doch niemandem das Recht, auch nach seinem Ermessen häßlich zu bleiben. So müssen auch Guilaroff und Polly Mellen gedacht haben. Im Mai hatte ich in einem Anflug von Träumerei einen Termin bei Frederic Fekkai, upper Manhattan, vereinbart. Leider mußte ich ihn kurzfristig absagen, weil mir unerwartet der Name meines derzeitigen Arbeitgebers und die etlicher mittelhoch angesiedelter Auftraggeber, mit denen ich es mir durch ein Defizit an Strategie und Taktik verdorben hatte, einfielen. Zu schade, daß Maître Guilaroff tot ist. Er hätte mich getröstet, wie nur ein Friseur trösten kann. Anke Westphal

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