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Flimmern und Rauschen

■ Seit einer knappen Wochen ist das Regionalprogramm Hamburg 1 auf Sendung / Es schauten mal rein Markus Götte und Christoph Ruf

Dienstagabend, zu Gast beim HSV. Ein Reporter radebrecht vom Blatt: Die ehemalige Nummer 1, jetzt die Nummer 2 im Tor, würde wieder die Nummer 1. Dann knackst es, und der Beitrag bricht ab. Nur noch Flimmern ist zu sehen, als ob ein Videoband zurückgespult wird. Gekreische im Hintergrund. Kommandogebrülle. Dann ein Standbild mit Blick auf Hamburg – wir sind live bei HH1, dem neuen Hamburgsender.

Jetzt kommt der HH1-Baustellenreporter ins Bild, der nicht weiß, daß er auf Sendung ist. So rhabarbert er in englischer Sprache vor sich hin. Wieder Brüllen, entgeisterte Blicke. Der Mann kommt zu sich und verliest die Staumeldungen. Mittlerweile ist es 18.25 Uhr, die Hauptnachrichten mit britischem Atom-U-Boot und Boris Becker gehen mit der wetterorakelnden Ulrike Neumann zu Ende.

Seit einer knappen Woche ist der neue Hamburg-Kanal auf Sendung. Zwischen „Li-La-Launebär“ und dem Comic-Strip vom „Käsekopf-Charlie“ tummeln sich junge Mac-JournalistInnen, die mit Videokamera, stotternd und Worte verschluckend, Regionalfernsehen produzieren. Das beginnt morgens um sechs Uhr mit dem Frühcafé. Im Viertelstunden-Takt werden immer die gleichen Nachrichten-Meldungen verlesen, die einzige Textvariation liefert die Wetterfee, die um 6.45 Uhr vermeldet, daß das Thermometer von 12 auf 13 Grad gestiegen ist. Das Rahmenprogramm besteht diesmal aus vier Interviewsequenzen mit Frau Romanowski von „Ingeborgs Animal Service“, die Tiere für TV-Produktionen verleiht und HH1-Interviewerin Verena Gräfe Gelegenheit gibt, wohlüberlegte Fragen, gewürzt mit mehrfachem „sachichmal“, an die Frau zu bringen: „Was ist das verrückteste Tier, das Sie je vermietet haben?“ Danach stellt der Trendritter die „HH 1 Top Five“ vor: „Schanzenviertel aufräumen“ rangiert kurz vor „im Stadtpark Sonne tanken“.

Dann, jede Stunde, fünfminütige Nachrichten. Bis kurz vor 18 Uhr eine „interaktive Gameshow“ über die ZuschauerInnen hereinbricht. Mit den elf Kameras, die für HH1 überall in der Stadt auf Hochhäusern postiert sind, um den Verkehr zu beobachten, müssen AnruferInnen bestimmte Gebäude finden. Die Uhr läuft mit, wenn es heißt: Kamera links, recht, weiter rechts, hoch, runter ... Zwischen Sechs-Uhr-News und Nachtshow entsorgen die HauptbetreiberInnen des Senders – deutsche Time-Warner und Springerkonzern mit 24 Prozent Anteilen – ihre Konserven. Per Einspeisungen des Senders Super-RTL recyceln sie Uralt-Serien wie die „Dirk-Bach-Show“, „Alles nichts oder“ und „Solo für U.N.C.L.E.“

Beim Sender ist man trotz Kritik aus dem Hamburger Blätterwald „sehr zufrieden“. Das Negativ-Feedback stehe „in krassem Gegensatz zu den Zuschauerreaktionen“, so HH1-Sprecher Konrad Politt. „Allein in den ersten paar Tagen haben 8000 Leute hier angerufen“, die besonders „die schönen Pausenbilder der elf Kameras“ und den Verkehrsservice gelobt hätten. Im übrigen habe man nie den Anspruch gehabt, „der qualitative Marktführer zu sein“, sondern „aktueller und authentischer“ als andere zu berichten: „Das wird von den Zuschauern honoriert.“ Gestern wurde deshalb beschlossen, „den Eigenproduktionsanteil auszubauen“. Ob dann Denise-Alices Geburt („ein Kind, wie man es sich wünschen tut“) während des Frühcafés siebenmal statt, wie am vergangenen Donnerstag, nur dreimal vermeldet wird, bleibt abzuwarten...

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