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Fraß und Verschwendung

■ Kritik am Planentwurf für Bergedorf: Bald neues Gewerbegebiet und Transrapid? Von Heike Haarhoff

„Billwerder lebt.“ Zumindest der Titel des 170 Seiten dicken Buches, das die „Dorfgemeinschaft Billwärder“ pünktlich zur 600-Jahrfeier ihrer Zugehörigkeit zu Hamburg herausgegeben hat, klingt optimistisch. Das Dorffest am Sonnabend mit Feuerwehr-Umzug, Barkassenfahrt und Chor-Musik ist für viele BillwerderInnen von den neuesten Planungen für den Bezirk Bergedorf überschattet: Diese entsprechen weitgehend dem vor zwei Jahren entwickelten Süd-ostachsen-Konzept und sehen vor, daß Wohnen und Arbeiten künftig räumlich enger miteinander vernetzt werden.

Dazu soll die 180 Hektar große, bislang als Gewerbegebiet ausgeschriebene Fläche zwischen A 1, S-Bahnlinie und Billdeich als Grünfläche geschützt werden. Rund 20 Hektar davon stehen für die JVA Neuengamme zur Verfügung, die hierher umziehen soll. „Die Fläche war faktisch schon immer grüne Wiese“, kritisiert Pastor Hans-Jürgen Preuß, Sprecher der AG Lärmschutz A 25, daß jetzt als Ausgleich „angeblich mindestens 60 Hektar neue Gewerbeflächen geschaffen werden müssen.“ Diese sollen, so der Vorsitzende des Planungsausschusses in Bergedorf, Peter Gabriel (SPD), zum einen nördlich von Neu-Allermöhe-West und – als Mischgebiet – am Mittleren Landweg (östlich der Autobahn A 25 und bis zu den Bahngleisen) entstehen.

Dagegen laufen die BürgerInnen Sturm: Wenn der Entwurf des geänderten Flächennutzungsplans (F-Plan) am kommenden Montag – seit dem 3. Mai liegt er im Bezirksamt aus – öffentlich diskutiert wird (Gewerbeschule 13, 18 Uhr), wollen sie ihren Protest kundtun. „Wir leiden schon jetzt durch die Autobahn und das Gewerbegebiet im Westen des Mittleren Landwegs unter Lärm und Luftverschmutzung“, klagt Hans-Jürgen Preuß. Auch der Absichtserklärung der Steb, vor allem Handwerker und Kleingewerbe anzusiedeln, mag er nicht glauben: „Das ist keine Garantie.“ Besser sei es, bereits bestehende Gewerbeflächen z.B. durch mehrstöckige Bebauung zu verdichten. Das findet auch die stadtentwicklungspolitische GAL-Sprecherin Heike Sudmann: Das 200 Hektar große Gewerbegebiet nördlich der A 25 in Billwerder mit seinen flachen „genormten Blechkisten“ sei „ein anschauliches Beispiel für Flächenfraß und -verschwendung.“

Auf Kritik stößt bei Kleingärtnern der Plan, auf ihren Parzellen südlich des Bahnhofs Mittlerer Landweg Wohnungen zu bauen. „Die günstige Verkehrsanbindung muß genutzt werden“, hält Steb-Sprecher Bernd Meyer dagegen.

Gefürchtet wird auch der Transrapid: Der Westen Billwerders ist zwar als Grünfläche gekennzeichnet; einer Trassenführung steht aber nichts im Wege, wenn sie per Planfeststellungsverfahren beschlossen wird. „Dagegen wird sich der Bezirk Bergedorf mit Händen und Füßen wehren“, kündigt Peter Gabriel schon mal an.

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