: Grüne setzen auf Sicherheit
■ Grüne wollen Konservative bei Kriminalitätspolitik beerben: Bremer Grüne und der Bonner Grüne Rezzo Schlauch diskutierten mit Polizeivertretern über „Öffentliche Sicherheit“
Die Konservativen werden sich wundern. Da ist sich der grüne Bundestagsabgeordnete Rezzo Schlauch ganz sicher. „Gehörig wappnen“werden sich die Grünen nämlich künftig beim Thema „Öffentliche Sicherheit“, verkündete er am Donnerstag abend auf einer Podiumsdiskussion zwischen Grünen und Vertretern der Bremer Polizei – gegen die „Schröders und Voscheraus“mit ihrem „Repressionsapparat“. Repression und Prävention gelte es künftig klug zu verbinden: „Wir sind doch fast die einzigen, die in diesem Bereich ideologische Schlachten längst hinter uns haben.“
Da war er raus, der Kern des neuen grünen Kriminalitäts-Konzepts. Gesprochen von einem der insgesamt fünf Verfasser eines Zehn-Punkte-Programms: Rezzo Schlauch, der die Bremer Grünen lobte, sich mit der Diskussion an die Spitze der neuen Bewegung gestellt zu haben. „Wir werden im November die Randale zwischen Jugendlichen und der Polizei in Kattenturm in der Bürgerschaft beraten und den Großen Lauschangriff“, erklärte Martin Thomas, innenpolitischer Sprecher der Bremer Grünen den rund 70 ZuhörerInnen den Grund seiner Einladung.
Rezzo Schlauch war der grüne Gastredner an diesem Abend. Der Grüne aus Baden-Württemberg wetterte über die Übernahme der New Yorker Null-Toleranz-Strategie: „Die Instrumente reichen doch aus. Wir brauchen Präventionsräte, wo Sozialarbeiter, Stadtplaner, Polizei und Bürger an einem Tisch sitzen. Da ist Deutschland im Vergleich zu den USA mit ihrer „community police“ein Entwicklungsland“.
Ein Wunder nur, daß das den „Repressionsapparat“am gleichen Tisch – die beiden Polizeivertreter – überhaupt nicht zur Weißglut brachte. Im Gegenteil: Die geforderten „Präventionsräte“hätte der Bremer Kripoleiter und stellvertretende Polizeipräsident Eckhard Mordhorst schon lange gerne in Bremen flächendeckend eingeführt. Und auch Dieter Oehlschläger von der Gewerkschaft der Bremer Polizei meinte: Wenn BürgerInnen sich mit der Polizei in Präventionsräten um Probleme vor Ort kümmern, wäre das optimal: „Die Polizei kann Kriminalität allein nicht lösen, wir sind nur der Puffer, wenn es knallt.“
Grün-grüne Einigkeit auf dem Podium – wenn auch mit leichten Differenzen zur Strategie der New Yorker Polizei. Aber da hakte der Moderator einfach nicht nach, auch heiße Eisen, wie den Bundesgrenzschutz-Einsatz oder die Ursachen von Kriminalität bei Jugendlichen, packte er nicht an. Dafür schaltete sich das Publikum ein: „Skeptisch“sei er gegenüber Präventionsräten, sagte Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bücking. Der Runde Tisch, um Probleme am Ziegenmarkt zwischen Bürgern und Drogenabhängigen zu lösen, sei gescheitert. „Die Bürger haben doch wieder nach der Polizei geschrien“, sagte er.
Auch für einen anderen Gast war klar: „Präventionsräte schlafen doch sowieso wieder ein, soll die Arbeit doch der Beirat machen.“
Kritik an den Grünen hagelte es auch vom Bremer Täter-Opfer-Ausgleich: Die Grünen hätten die Opfer in ihrem neuen Programm nicht genug beachtet. „Da haben Sie Recht, wir beide arbeiten ja schon seit Jahren zusammen“, pflichtete ihm Kripo-Leiter Mordhorst bei, „da müssen Sie aber wirklich noch etwas nacharbeiten, Herr Schlauch!“Der nahm die „Anregungen“auch „gerne an. Wenn ich auch mit der niederschmetternden Kritik an den Präventionsräten Bauchschmerzen habe“, sagte er und beide Polizeivertreter nickten zustimmend. Hatten die sich doch bereits heftig über die abnehmende Bereitschaft zur Nachbarschaftshilfe („Bürger achten auf Bürger“) beklagt und behauptet: „Es gibt einfach einen Werteverfall bei den Eltern, der sich auf die Jugendlichen überträgt“.
„Das Wort Arbeitslosigkeit ist hier kein einziges Mal gefallen“, bemerkte der verwunderte Moderator Willi Weber (Radio Bremen). „Aber es war ja schön, mal soviel grün an einem Tisch gesehen zu haben“, hörten die Gäste den Moderator noch zum Abschluß sagen. kat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen