"Breakdown": Der Film zum Abriß

■ Im legendären Wedding-Kino Alhambra laufen die letzten Vorstellungen. Ein Kinocenter soll den Filmpalast der 50er Jahre ersetzen. Denkmalschutz hat keine Chance. Abriß noch Ende 1997?

„Breakdown – Es kann jedem von uns passieren“, leuchtet es nachts von der Reklametafel des Weddinger Alhambra-Kinos herunter. Wer sich den Streifen anschaut, erlebt die Story um eine verschwundene Ehefrau, den Zusammenbruch der Gefühle, gemixt mit Action und einem recht finster blickenden Kurt Russell. Doch „Breakdown“ ist mehr als ein Thriller, handelt es sich doch vor allem um einen Film über Trucks und anderes schweres mobiles Gerät, die alles niedermachen.

Es ist schon bittere Ironie, daß schweres Gerät nicht nur auf der Leinwand, sondern ab Ende 1997 „in echt“ und in Form von Baggern im Alhambra-Kino wüten wird. Denn Leopold Wegenstein, Betreiber und Eigentümer des Filmtheaters, plant den Breakdown des legendären Kinos an der Seestraße Ecke Müllerstraße. An der Stelle des Gebäudes mit seiner breiten Schauseite im Stil der fünfziger Jahre und der Nierentischatmosphäre im Innern soll ein neues Kinocenter mit mehrern kleinen Sälen und einem großen Zuschauerraum entstehen. Ursprünglich war noch vorgesehen, ein paar Läden ins Erdgeschoß hineinzustecken, doch der Bauherr hat davon Abstand genommen, weil sich das nicht rechnet.

Daß der Abriß wohl nicht mehr aufzuhalten ist, liegt nicht allein daran, daß der Bezirk Wegenstein sowohl die Abrißerlaubnis als auch eine aktuelle Baugenehmigung erteilt hat. Auch die Eintragung des Gebäudes in die seit 1996 neu erstellte Denkmalliste hilft wenig. Der Kinobesitzer hatte bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Denkmalschutzgesetzes die Abrißgenehmigung in der Tasche.

Bernd Schimmler, SPD-Baustadtrat in Wedding, stellt sich den Plänen Wegensteins denn auch nicht in den Weg. Vor Ort entstünde „ja auch wieder ein Kino“. Sowohl für den langjährigen Kinomacher als auch den Bezirk bedeute dies „eine Chance, durch die Mehrzahl der Säle der aufkommenden Konkurrenz“ Paroli bieten zu können. Immerhin, räumt Schimmler ein, werde die „markante Wand“ an der Seestraße auch in dem neuen Entwurf zitiert – allerdings in anderer Form. Schimmler: „Vom alten Haus wird nichts erhalten.“

Wegenstein ist dem Alhambra schon einmal zu Leibe gerückt. Nach der Übername des Hauses 1981 von Zoo-Palast-Pächter Max Knapp verringerte er die Platzzahl auf 450 und baute ein Bühne für Musikveranstaltungen. Eine notwendige Sanierung des Hauses hingegen fand in den vergangenen Jahren nicht statt. Wer in der letzten Zeit das Filmtheater besuchte, wurde den Eindruck nicht los, das Kino bröckle und werde absichtlich nicht mehr modernisiert.

In der Berliner Kinolandschaft ist der Standort Geschichte: 1921 wurde dort der Vorgängerbau des heutigen Kinos errichtet. Den zerstörten im Zweiten Weltkrieg die Bomben. Die Ruine diente als Plakatwand, bis 1953 ein Neubau nach den Plänen der Architekten Bielenberg & Ollk entstand, der den Charme der großen Filmpaläste jener Zeit versprühte. Mit viel Neon inszenierten die Architekten die Fassade, um die Besucher auf die Lichtspiele einzustimmen. Die Eingangshalle erstrahlte durch Lampen, die sich in rückwärtigen Spiegelwänden fortsetzten. Breakdown räumt damit nun auf – es kann jedem passieren. Rolf Lautenschläger