Unterm Strich

Jetzt soll Struktur herein in den Streit um das Jüdische Museum in Berlin. In einer Kulturausschußsitzung kündigte Senator Radunski an, eine Senatsvorlage zur strukturellen und konzeptionellen Gestalt des Jüdischen Museums innerhalb der Stiftung Stadtmuseum vorzulegen. Radunski versprach, einen Vorschlag auszuarbeiten, mit dem alle leben können. In der Vergangenheit war die Zusammensetzung des Stiftungsvorstands kritisiert worden, in dem neben Radunski der Generaldirektor der Stiftung, Reiner Güntzer, sitzt. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen die Berliner Politik. Im Zusammenhang mit der Kündigung des Museumsdirektors Amnon Barzel sei der Eindruck entstanden, „nur tote Juden seien gute Juden“. Die Politik bewege sich in einem Feld, von dem sie nichts verstehe. „Ich hoffe, daß es nur das ist und daß dies alles nicht vorsätzlich geschieht.“ Viele Sprecher, viele Ideen. Reinhard Rürüp, Direktor des Zentrums Topographie des Terrors, gab zu bedenken, daß angesichts der vergifteten Atmosphäre ein „bloßes Weitermachen“ zum Scheitern verurteilt sei. Er plädierte für ein selbständiges Jüdisches Museum. Günther Gottmann, Direktor des Berliner Technikmuseums, präferiert ein kulturell autonomes Museum in den Strukturen der Stiftung Stadtmuseum. Ein kulturpolitisches Schnäppchen schlug der Präsident der Akademie der Künste, György Konrad, vor. Er plädierte dafür, den Libeskind-Bau, in dem das Museum untergebracht werden soll, gleichzeitig als Mahnmal für die Überlebenden des Holocaust zu betrachten. Daniel Libeskind kritisierte in einer Stellungnahme auch den entlassenen Museumsdirektor Barzel. Dieser habe zwar den Plan einer „integrativen Vermittlung“ von Berlin-Museum und Jüdischem Museum mitunterzeichnet, dann aber kein Interesse mehr gezeigt, „sich darauf zu beziehen“.