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US-Empfindlichkeiten sind Nelson Mandela egal

■ Südafrikas Diplomatie auf neuen Wegen: Besuch in Libyen, Annäherung an Frankreich

Kapstadt (taz) – Wenn Südafrikas Präsident Nelson Mandela heute zu seinem ersten Staatsbesuch in Libyen eintrifft, will er zwischen Muammar al-Gaddafi und dem Westen vermitteln. So zumindest lautet die offizielle Sprachregelung, auf die Südafrikas Regierung in allerletzter Minute verfiel, um die heftige Kritik an dem Besuch zu entkräften.

Wegen des schon lange geplanten Besuchs war es zu einem scharfen diplomatischen Schlagabtausch zwischen den USA und der südafrikanischen Regierung gekommen. Ein Besuch in Tripolis, so hieß es aus Washington, verstoße gegen die Flugsanktionen gegen Libyen. Diesen Vorwurf wollte man in Pretoria nicht auf sich sitzen lassen und disponierte um: Mandela fährt nun mit dem Auto vom benachbarten Tunesien aus in das als staatsterroristisch geächtete Land. Politisch allerdings blieb der ANC unnachgiebig. Libyen zählt zu den Ländern, die die ehemalige Befreiungsbewegung jahrzehntelang im Kampf gegen das Apartheidregime unterstützt haben. Dem Diktator Gaddafi fühlt man sich deshalb zu Dank verpflichtet.

Immer wieder kommt es zu solchen Verstimmungen zwischen den USA und Südafrika, denn die Regierung Mandela pflegt aus den gleichen Gründen auch enge Kontakte zu anderen Regimen, die die USA nicht mögen, zum Beispiel zu Kuba und dem Iran. Daß dort massiv Menschenrechte verletzt werden, wiegt für den ANC gering. Fast schon ostentativ empfing Mandela Anfang des Jahres den damaligen iranischen Ministerpräsidenten Rafsandschani mit allen Ehren. Auch Gaddafi und Kubas Staatschef Fidel Castro sind längst nach Pretoria eingeladen. Alle Proteste der USA wies Mandela bisher selbstbewußt zurück.

Der Unterstützung anderer afrikanischer Staaten, wiewohl selbst oft eifersüchtig auf den Star aus dem Süden des Kontinents, kann Südafrika sich dabei sicher sein – um so mehr, wenn Mandela sich wie kürzlich sogar dazu hinreißen läßt, den Amerikanern Rassismus vorzuwerfen. Auf einem Festbankett zu Ehren des ehemaligen tansanischen Präsidenten Julius Nyerere redete sich Mandela am Freitag abend, ohne Namen zu nennen, in Rage: „Wie können sie so arrogant sein, uns vorzuschreiben, wo wir hinreisen dürfen und wer unsere Freunde sein sollten?“

Während die diplomatischen Stäbe in Washington und Pretoria sich noch in Schadensbegrenzung übten, setzte Mandelas Außenminister Alfred Nzo noch eins drauf. Zu Beginn der mehrtägigen Reise durch Nordafrika forderte Nzo am Montag in Ägypten eine Aufhebung der Sanktionen gegen Libyen. Zugleich unterstützte er Libyen in seinem Begehren, die mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter nicht an England oder die USA auszuliefern, sondern sie an einem neutralen Ort vor Gericht zu stellen.

Mandelas Verhalten fügt sich in die neue Linie der südafrikanischen Außenpolitik, die vor allem sein mutmaßlicher Nachfolger Thabo Mbeki vorantreibt: sich als politische Führungsmacht auf dem Kontinent zu etablieren und eine sogenannte „afrikanische Renaissance“ einzuleiten, ohne Einmischung des Westens.

Auf alle Versuche der Clinton- Regierung, sich in Afrika zu profilieren, hat Mandela bislang sehr kühl reagiert. Ausgesprochen freundlich hingegen empfing er Anfang des Monats den französischen Außenminister Hubert Védrine, der den Südafrikanern die neuen Richtlinien der französischen Afrikapolitik darlegen wollte. Zwar wurden keine Einzelheiten bekannt, künftig wollen Frankreich und Südafrika jedoch viel stärker zusammenarbeiten. Die geopolitische Landkarte in Afrika kommt in Bewegung. Kordula Doerfler

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