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Der mit der Kamera tanzt

■ „Payback-Time“: Michael Ballhaus lehrt Hamburger FilmstudentInnen seinen Bilder-Tango

„Heute abend fühl' ich mich schon ein bißchen in die Enge getrieben“, sagt Michael Ballhaus, als er die Wolke von Bedürftigen auf dem letzten Hamburger Filmfest abgeschüttelt hat. Die junge Schauspielerin mit Haarklammer braucht Beziehungen; ein Mann bietet ihm wortgewaltig sein Drehbuch an; Peggy Parnass will, daß mit den 20-Millionen-Gagen für die männlichen Hauptdarsteller in Hollywood-Filmen endlich Schluß ist. Und Sigrid Löffler schreibt mit. Das sind nicht die Situationen, in denen sich Michael Ballhaus wohl fühlt.

Er ist kein Mann, der Politik macht. Er ist ein höflicher Mann, der sein Handwerk perfekt beherrscht. Und das läßt sich mancher Produzent einiges kosten. Ballhaus Preise zählen zu den Himmelstürmern in seiner Zunft.

„Der größte Streß resultiert daraus, daß ich Filme mache, die sehr, sehr teuer sind. Für die ich eine enorme Verantwortung habe. Also, jeder Drehtag in Hollywood kostet 150.000 Dollar. Wenn ich einen Drehtag in den Sand setze, dann sind das 150.000 Dollar. Das ist eine Menge Geld. Das ist der Druck, der unterschwellig immer da ist. Aber ich kann das natürlich nur aushalten mit meiner Familie und speziell mit meiner Frau, die also die Seele des Ganzen ist. Ohne sie funktioniert nichts. Es wird kein Drehbuch entschieden ohne sie, und es wird kein Film gemacht ohne sie.“

Helga Ballhaus, Schauspielerin und früher Ausstatterin bei zahlreichen Fassbinder-Filmen, für die Michael Ballhaus die Kamera führte, ist seit über 30 Jahren ein Teil der Firma Ballhaus. Es ist wie früher bei den Zirkusfamilien. Eltern und Kinder reisen von Set zu Set. Sind so gut wie nie getrennt. Und was die Kinder früher in der Schule versäumten, ihre Mutter brachte es ihnen im Wohnwagen bei. Sohn Florian ist heute Kameramann wie sein Vater. Der Älteste, Sebastian, ist Regisseur. Heute toben die Enkel am Set. Familie Ballhaus hat traditionell fixierte Rollen: Er agiert im Vordergrund, sie im Hintergrund. Schlachtpläne werden gemeinsam entworfen.

Wie zum Beispiel der Plan, daß der 62jährige Michael Ballhaus Lehrer an der Hamburger Uni werden soll. Das Fach: Kamera. „Für mich ist ,Payback-Time'. Ich hab' so viel Glück gehabt in meinem Leben, so viele schöne Dinge erfahren, mit so vielen tollen Leuten arbeiten können, daß ich das Gefühl hab', daß ich ein bißchen von dem abgeben möchte. Daß ich die Verpflichtung habe, ein bißchen von der Erfahrung, die ich in meinem langen 30jährigen Berufsleben gesammelt habe, zu vermitteln.“Zum Beispiel Lektionen in Teamarbeit. „In Amerika gilt dieses Prinzip. In Deutschland denkt jeder Regisseur, er sei für alles verantwortlich.“

Das Riesenbudget – 70 Millionen Dollar zum Beispiel für Air Force One mit Harrison Ford als terroristenverhauender US-Präsident in der Hauptrolle –, alle technischen Möglichkeiten, die überhaupt existieren, um eine Idee auszuführen, diese Arbeitsbedingungen haben Michael Ballhaus nach Amerika gelockt. Und da geht er auch nicht mehr weg, denn kein anderes Land bietet ihm diese Möglichkeiten. Air Force One, eine kitschig-patriotische Hymne auf amerikanische Werte, ist bisher sein kommerziell erfolgreichster Film. Er läuft heute in den Kinos an. Ballhaus glaubt, daß er auch hier ein Kassenschlager wird. Ich hoffe nicht.

Brigitte Neumann

Michael Ballhaus spricht heute um 19 Uhr im Audimax der Uni Hamburg über „Die Zukunft des Kinos im digitalen Zeitalter“. Im Anschluß werden die 16 mm-Projekte des 1. Semesters sowie die Digital-Beta-Arbeiten des zweiten gezeigt. Danach gibt es noch eine Party.

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