piwik no script img

Stabil krank

■ Waldschadensbericht 1997: Ohne die Lärche sähe es düster aus

Die Kiefer habe „gelitten“, die Fichte sei „schlimm getroffen“. Hocherhobenen Hauptes, den Blick auf die Baumkronen gerichtet, stapfte Hamburgs scheidender Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) gestern durch das Forstrevier Hausbruch und bilanzierte die Schäden des Waldes im Stadtstaat für 1997. Saurer Regen, Abgase und Schadstoffe aus Schornsteinen sind Ursachen dafür, daß jeder zweite Baum in Hamburg krank ist. Damit, so Vahrenholt, sei die Lage gegenüber dem Vorjahr „stabil“.

Kurz vor dem Abnippeln stehen in Hamburg „nur“15 Prozent des Bestands, bundesweit sind es 20 Prozent. Ein Drittel kränkelt in „Schadstufe 1“vor sich hin. Am resistentesten ist die Lärche – 83,5 Prozent ihres Bestands erfreuen sich strahlender Gesundheit.

Wieviele Bäume zusätzlich an Schädlingsbefall, zum Beispiel durch Borkenkäfer sterben, wird statistisch nicht erfaßt, bedauerte der Leiter der Hamburger Forstverwaltung, Rainer Wujciak. Der Waldschadensbericht, den die Umweltbehörde seit Mitte der 80er Jahre jährlich vorlegt, bilanziert lediglich die Baumkrankheiten und -sterbefälle, die durch Umwelteinflüsse bedingt sind. Doch, räumte Vahrenholt ein, gebe es „Zusammenhänge“zwischen Umwelteinfluß und Schädlingsbefall: Bäume, deren Wurzeln durch sauren Regen bereits angegriffen sind, würden eher von Käfern befallen als gesunde.

Erfreulicher ist, daß seit 1982 der Säuregehalt im Regen um 75 Prozent sank und der Anteil schwerkranker Bäume sich von 30 auf 15 Prozent halbierte. Das verdanke Hamburg „unserer Luftreinhaltepolitik“, eigenlobte Vahrenholt. Schwefeldioxide, Stickoxide und Staub hätten einen „historischen Tiefstand“erreicht, was nicht zuletzt auf Betriebsstillegungen in der Ex-DDR zurückzuführen sei: Seitdem wehe es weniger widrig aus Ost.

Seit 1985 werde der Hamburger Wald zudem „naturnah bewirtschaftet“: Allein in den Hamburger Bergen wurden seit 1990 rund 100.000 Laubbäume gepflanzt. Doch ist der Anteil des Waldes an der Gesamtlandesfläche mit 5,6 Prozent (5000 Hektar) in Hamburg im Vergleich zu Flächenländern wie Hessen (40%) gering. hh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen