Glanz und Elend der Huberta

■ Lach- und Sachgeschichten: das „Lexikon berühmter Tiere“von Karin Duve und Thies Völker

Menschen lieben Tiere. Besonders, wenn sie schon tot sind. Oder wenigstens kaum noch spürbar, als stinkendes, beißendes oder kratzendes, als echtes Viech eben. Noch Anfang der 90er Jahre glaubte über die Hälfte aller Kinder im Vorschulalter, Kühe wären von Natur aus lila. Vielleicht sind sie inzwischen schlauer geworden, das Prinzip aber bleibt. Der Weg zum Ruhm führt für das Tier über das eigene Grab und dann über einen menschlichen Zeichen- oder Schreibtisch.

Zu finden sind diese und andere Beweise menschlicher Vereinnahmungsstrategien im Lexikon berühmter Tiere, zusammengetragen von den Hamburgern Karen Duve und Thies Völker und erschienen im Eichborn-Verlag. Der schmückt sein Logo mit einer Fliege, womit er an die Tradition der Wappen- und Werbetiere anknüpft. Federvieh, Bären, Frösche aller Arten werden zu Markenzeichen verarbeitet – der Symbolfundus im Tierreich ist schier unerschöpflich, und irgendwas läßt sich in so ein Viech immer hineindeuten.

Wie in dem Lexikon ausführlich dargelegt wird, verehrten schon in der Antike die Menschen sagenhafte Drachen und wiesen ihnen Plätze im Götterhimmel zu. Heute wird ein Tier am leichtesten unsterblich, wenn es beim Film, beim Fernsehen oder in Comics arbeitet. Angeführt werden sie natürlich von Superstars wie Lassie, Flipper und dem Entenhausener Clan, aber auch Klassiker wie Wilhelm Buschs Affe Fips oder Neueinsteiger wie die Dino-Familie werden angemessen berücksichtigt. Neben Daten zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte und vielen kleinen Anekdoten verzichten Duve und Völker nicht auf kritische Bemerkungen. Grinsende Delphine und das Veronkelungsprinzip bei Enten – dies und mehr wird in dem Buch hinterfragt und macht stets klar, daß es nicht um die Tiere selbst, sondern um den menschlichen Blick auf die Fauna geht.

Ein echtes Tier muß nämlich fast übertierische Anstrengungen auf sich nehmen, um bei den Menschen berühmt zu werden. Wie das Nilpferd Huberta, das drei Jahre lang und 1600 Kilometer weit wandern mußte, um zum südafrikanischen Nationalheiligtum aufzusteigen. Am Ende wurde sie versehentlich erschossen. Wenigstens das kann Donald nicht passieren.

Barbora Paluskova

Karen Duve und Thies Völker, Lexikon berühmter Tiere, Eichborn Verlag 1997, 671 Seiten