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Gen-Food landet ohne Label im Supermarktregal

■ Stimmungswandel der EU-Kommissare: Sie wollen nur ein paar Lebensmittel kennzeichnen

Straßburg (taz) – Die Vorgabe der EU-Kommissare war klar und deutlich. Ab November müssen Lebensmittel, die genmanipulierte Soja oder Mais enthalten, kenntlich gemacht sein. Doch die Verbraucher werden weiterhin vergeblich nach einem Gentech-Label suchen. Den Grund nennt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Die Eurokraten haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht.“ Noch immer gebe es keine Ausführungsbestimmungen für die seit Mitte Mai gültige Novel-Food-Verordnung.

Damit nicht genug: Offenbar vollzieht sich ein Stimmungswandel zu einer lascheren Kennzeichnungsvariante: Bislang wurde kommissionsintern für die Kennzeichnung eine Analyse des Erbguts (DNA) favorisiert. Die Methoden für die extrem empfindlichen DNA-Analysen sind bereits entwickelt und können inzwischen auch von vielen Überwachungsämtern durchgeführt werden.

Die neue Option sieht dagegen vor, daß der Nachweiß einer Manipulation an Hand der neuartigen Gentech-Proteine geführt werden muß. Sollte sich diese Meinung durchsetzen, so würden zum Beispiel schätzungsweise nur 0,2 Prozent aller Soja- und Mais-Produkte kennzeichnungspflichtig werden, erklärte die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer. Dies sei ein klarer „Betrug am Verbraucher“, kritisiert die Parlamentarierin. Erschwerend hinzu kommt, daß die Methoden für die Proteinanalysen erst noch entwickelt werden müssen. Doch die EU-Kommissare bevorzugen Insidern zufolge diese Variante.

Die Dummen sind die Verbraucher. Nach der neuesten Umfage „Eurobarometer“ des europäischen Statistikamtes, sprechen sich 74 Prozent aller EU-Bürger für eine klare Kennzeichnug von Gen- Food aus. Ihre freie Kaufentscheidung werde auf „arrogante Weise mißachtet“, beklagt Breyer.

Mittlerweile wird auch nicht mehr damit gerechnet, daß es vor Mitte des nächsten Jahres einheitliche Bestimmungen für die Umsetzung der Novel-Food-Verordnung geben wird. Wie aus der Kommission zu erfahren ist, werde dort jetzt bevorzugt, zuerst eine umfassende Regelung für Gen- Soja und -Mais zu verabschieden, und erst dann die Novel-Food-Verordnung in Angriff zu nehmen.

Morgen befaßt sich der „Ständige Lebensmittelausschuß“ mit den konkurrierenden Analysemethoden für die Kennzeichnung von Gen-Mais und -Soja – er ist mit Vertretern der EU-Mitgliedstaaten besetzt. Er werde, so erklärte ein Kommissionsverteter, die beiden Optionen nur diskutieren. Eine Entscheidung darüber werde es voraussichtlich erst Ende Dezember geben. Wolfgang Löhr

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