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Zwei Pässe

Der Streit um das Staatsbürgerschaftsrecht spaltet derzeit die Bonner Koalition. Daß Kinder von Ausländern, die in Deutschland geboren wurden und wohnen, zusätzlich zur Staatsangehörigkeit ihrer Eltern auch einen deutschen Paß erhalten können, fordert die FDP in weitgehendem Einklang mit der Opposition. Für die CSU und auch die große Mehrheit der CDU ist dies nicht akzeptabel.

Die Doppelstaatsbürgerschaft ist in anderen Ländern wie den USA, Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden durchaus üblich. Frankreich kombiniert das Abstammungsrecht mit dem Territorialprinzip. Die französiche Staatsbürgerschaft hat demnach wer ein französisches Elternteil hat, oder in Frankreich geboren ist. In Großbritannien erwirbt ein Kind die britische Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil Brite ist oder seinen ständigen Wohnsitz im Land hat. Wie in Frankreich muß deshalb eine andere Nationalität nicht abgegeben werden. In den Niederlanden geborene Ausländer können mit 18 Jahren zu ihrem bisherigen Paß auch den niederländischen bekommen. Die von Bundeskanzler Kohl geäußerte Befürchtung, Millionen von Ausländern könnten nach Deutschland strömen, hat sich dort nicht bestätigt. „Wie soll das gehen?“ fragt Tinus Heijmans vom niederländischen Ausländerzentrum in Utrecht. „Immigration ist doch streng reglementiert, in Deutschland genauso wie bei uns.“

Nach Angaben des Verbandes binationaler Familien haben schon schätzungsweise zwei Millionen Deutsche einen zweiten Paß.

Die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten können zum Beispiel Kinder aus binationalen Ehen, wenn Vater oder Mutter Deutsche(r) ist.

Aufgrund des in vielen Ländern noch immer männlich dominierten Staatsbürgerschaftsrechts bekommen auch viele Frauen, die mit Ausländern verheiratet sind, einen zweiten Paß praktisch „geschenkt“ – beispielsweise nach iranischem Recht, eingeschränkt auch nach türkischem.

Zwei Pässe besitzen vielfach deutschstämmige Aussiedler, wenn sie die Staatsangehörigkeit des Landes behalten, in dem sie zuvor gelebt haben. „Doppelte Bürger“ sind auch Kinder von deutschen Eltern, die während eines längeren Aufenthaltes der Familie in den USA oder einem anderen Land geboren werden, wo das sogenannte Territorialitätsprinzip gilt, also der Ort der Geburt für die Staatsbürgerschaft ausschlaggebend ist.

Seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten darf nach Paragraph 87 des Ausländergesetzes auch ein Grieche, der deutscher Staatsbürger werden will. Denn das griechische Recht läßt eine Aufgabe der Staatsangehörigkeit nur bei schwerwiegenden Gründen zu.

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