Gewerkschaftsboß wird Konzernchef

■ Beschäftigtenvertreter der Bewag schlagen ÖTV-Chef Kurt Lange als neuen Arbeitsdirektor des Unternehmens vor. Lange müßte Vernichtung von 2.148 Jobs durchsetzen. Er kandidiert mit der Zusage, daß es keine

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Kurt Lange, soll Mitglied im Vorstand des Energiekonzerns Bewag werden. Darauf haben sich gestern die zehn kürzlich neugewählten Aufsichtsratsvertreter der Belegschaft geeinigt. Sieben stellt die ÖTV und drei die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG).

„Kurt Lange ist diesem Wunsch gefolgt und kandidiert für den Bewag-Vorstand“, erklärte ÖTV- Sprecher Ernst-Otto Kock, selbst Mitglied im Aufsichtsrat. Die elf Aufsichtsratsmitglieder der Bewag-Eigentümer – neben den bundesdeutschen Konzernen PreussenElektra und Viag auch das US- amerikanische Unternehmen Southern Company – müssen Langes Kandidatur noch zustimmen.

„Einen Gegenkandidaten der Kapitalseite erwarten wir aber nicht“, sagte Kock. In bundesdeutschen Unternehmen ist es ungeschriebenes Gesetz, daß die Beschäftigten ein Vorstandsmitglied für die Bereiche Personal, Soziales und Organisation benennen. Lange würde die Nachfolge des früheren Chefs des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Pagels, antreten, der kürzlich seinen Vorstandsposten bei der Bewag einbüßte. Eine unternehmensinterne Ermittlung gegen Pagels soll klären, ob er eine Nobelvilla am Stadtrand zu billig vom Baukonzern Trigon kaufte, der auch die neue Bewag-Zentrale in Treptow errichtet hatte.

Als ÖTV-Chef kämpfte Lange jahrelang gegen die Privatisierung öffentlicher Betriebe und die damit verbundene Reduzierung des Personals. Jetzt wird er selbst Vorstand eines Unternehmens, dessen Aktienmehrheit gerade erst vom Land Berlin an die privaten Konzerne verkauft wurde. Als Arbeitsdirektor muß Lange die schon beschlossene Vernichtung von 2.148 Arbeitsplätzen umsetzen. Denn im Jahr 2002 sollen nur noch 7.334 Beschäftigte bei der Bewag arbeiten. Lange werde im Vorstand nur unter der Bedingung arbeiten, daß der Personalabbau „sozialverträglich“, ohne Kündigungen also, vonstatten gehe, hieß es. Das Energieunternehmen bewirbt sich außerdem um den Kauf der Gasag, deren Belegschaft ebenfalls Reduzierung droht.

Die bündnisgrüne Politikerin Michaele Schreyer und der SPD- Linke Klaus-Uwe Benneter begrüßen, daß Lange in den Vorstand wechseln will. „Gerade nach dem Ausverkauf der Bewag ist es wichtig, daß eine starke Persönlichkeit dort die Arbeitnehmerinteressen vertritt“, so Schreyer. Die ÖTV will bis zum Frühjahr einen neuen Vorsitzenden wählen. Hannes Koch