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ABM mit Sozialhilfe

■ ÖTV schwer enttäuscht über rot-grüne Vereinbarungen zur Arbeitsmarktpolitik

Unverändert 230 Millionen Mark für stadtstaatliche Arbeitsmarktpolitik, eine leichte Aufstockung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), dafür eine massive Attacke auf das deutsche Tarifvertragssystem – die Ergebnisse der rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Sachen Arbeitsmarktpolitik haben bei Gewerkschaften und Beschäftigungsgesellschaften für heftigen Unmut gesorgt. Einige freie Träger sehen in der Koaliti-onsvereinbarung sogar „Abstriche gegenüber dem, was wir mit der Sozialbehörde verabredet hatten“. Die ÖTV warnt vor der Einführung eines Niedrig-Lohn-Sektors für Jugendliche und kündigte gestern harte Tarifverhandlungen an.

ÖTV-Vizechef Wolfgang Rose kann zudem immer noch nicht begreifen, daß der einstimmige Vorschlag der DGB-Gewerkschaften, in Hamburg ein groß angelegtes Programm „Tariflohn statt Sozialhilfe“von den Koalitionären nicht einmal diskutiert wurde. Statt dessen setzte sich die SPD mit ihrem Vorschlag durch, die für Arbeitsmarktpolitik eingeplanten Mittel „effektiver“einzusetzen. Durch die Zusammenlegung der zwei großen staatlichen Beschäftigungsgesellschaften sollen Rationalisierungs-effekte erzielt, durch massive Lohnkürzungen im „öffentlich geförderten Beschäftigungssektor“soll eine Erhöhung der Beschäftigungszahlen erreicht werden.

Zudem sah die SPD vor, Jugendliche bis zum Alter von 25 Jahren vom kürzlich abgeschlossenen Spezialtarifvertrag für den ABM-Bereich auszunehmen. Statt brutto 2.350 bis 3.000 Mark, so die Tarifvereinbarung, sollten Jugendliche künftig 1.000 Mark netto erhalten. Auf diese Weise, so das SPD-Kalkül, könnte bei Schonung der Stadtkasse wenigstens eine vorzeigbare Zahl von zusätzlichen ABM-Plätzen für Jugendliche herausspringen.

Dieses Tariflohndumping scheiterte nun zwar am Widerstand der GAL. ABM-Löhne für Jugendliche sollen künftig von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt werden. „Eine Absenkung in Richtung 1.000 Mark ist dabei aber undenkbar“, warnte ÖTV-Mann Rose aber vorsorglich. Denn: „Tariflöhne sollen doch eine Existenz oberhalb der Sozialhilfe ermöglichen. Ich frage mich, ob wir hier überhaupt von Tariflöhnen oder Sozialhilfeergänzungsleistungen sprechen.“ Florian Marten

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