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„Fitmachen für den Arbeitsmarkt“

■ Ulf Fink, Sozialpolitiker der CDU, über die neue Pflicht zur Arbeit

Die Modelle von Leipzig und Lübeck gehen dem Sozialpolitiker der CDU, Ulf Fink, nicht weit genug. Er möchte Langzeitarbeitslose zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichten. Fink leitet den CDU/ CSU-Arbeitskreis „Neue Initiativen zur Beschäftigungsförderung“.

taz: Die Kommunen sind außerstande, jedem dritten arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger eine Beschäftigung zu bieten. Woher sollen eigentlich die zusätzlichen Jobs für die 1,3 Millionen Arbeitslosenhilfeempfänger kommen?

Die Arbeit ist da. Momentan können die Kommunen 200.000 Sozialhilfeempfänger beschäftigen. 1993 waren es noch 120.000. Damals haben sie zwar gesagt, sie seien an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, aber sie haben auch gezeigt, daß sie sich steigern können. Unsere Berechnungen zeigen, sie könnten noch mehr. Wenn jede Kommune nur sechs oder sieben Sozialhilfeempfänger zusätzlich beschäftigen würde, gäbe dies bereits zusätzlich 100.000 Menschen Arbeit.

Nach einem Jahr regulärer Beschäftigung landen sie wieder bei der Bundesanstalt für Arbeit.

Das ist doch ein richtiges Vorurteil! In Hamburg gelingt es der Beschäftigungsgesellschaft maatwerk ohne weiteres, Sozialhilfeempfänger auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Ich kenne Studien, die besagen, daß ein Drittel derer, die solche Arbeitsprogramme durchlaufen haben, auf dem regulären Arbeitsmarkt vermittelt werden können.

Die bfb in Leipzig vermittelt nur noch 15 Prozent.

Gut, das mag das sein. Aber die, die keine Arbeit auf dem ersten Markt finden, haben dann immerhin wieder Ansprüche auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit und liegen nicht mehr den Gemeinden auf der Tasche.

Auf die Arbeitslosigkeit reagieren Sie mit der Verpflichtung zur Arbeit. Demütigen Sie damit nicht die Betroffenen?

Ich finde es wichtiger zu erkennen: Wer von der Gemeinschaft eine Leistung bekommt, muß auch für die Gemeinschaft eine Leistung erbringen. Das ist das entscheidende Prinzip. Wenn einem die Arbeit nicht recht ist oder er partout nicht arbeiten will, dann halte ich es für gerechtfertigt, ihm die Leistung zu kürzen oder zu streichen.

Sie stellen sich also darauf ein, daß das Heer der Arbeitslosen nicht mehr abzubauen ist?

Eben nicht. Vermutlich werden wir im nächsten Jahr zu einem Stillstand oder zu einer geringen Verbesserung bei der Arbeitslosigkeit kommen. Es gibt ja auch eine große Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Aber das größte Problem, die Langzeitarbeitslosigkeit, nimmt kaum jemand wahr. Wir müssen diese Menschen wieder fitmachen für den Arbeitsmarkt. Und das Beste ist, wenn wir sie wieder an die Arbeit kriegen.

Mit Arbeiten wie Laub fegen oder Teiche entschlammen qualifizieren Sie niemanden.

Wir haben ganz Ostdeutschland doch mehrfach fortgebildet. Hat das irgendeinen Effekt für den Arbeitsmarkt gehabt? Vielleicht geringfügig. Aber die Leute sind frustriert, weil sie zum Schluß das Neue, das sie gelernt haben, nicht anwenden konnten und noch immer arbeitslos sind.

Ihr Konzept kann nur funktionieren, wenn die Wirtschaft neue Jobs schafft. Welche Signale hören Sie von dort?

Die Wirtschaft guckt, daß sie Gewinne macht. Das ist aber nicht entscheidend, wie die Unternehmer dabei mitspielen. Wenn der kommunale Bereich der einzige ist, wo man etwas neu schaffen kann, muß man das tun. Um die arbeitslosen Sozialhilfeempfänger kümmert sich doch niemand, die stehen in der Hackordnung der Arbeitslosen auf den Arbeitsämtern ganz weit hinten. Ich will, daß sie bessere Chancen bekommen und nach vorne rücken. Interview: A. Rogalla

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