■ Richter bestätigen Einzelfallentscheid: Auch in Sachsen neue Rechtschreibung gestoppt
Bautzen/Dresden (AP/rtr) – Die Gegner der Rechtschreibreform haben in Sachsen einen weiteren Erfolg erzielt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen bestätigte gestern einen Einzelfallentscheid des Verwaltungsgerichts Dresden, das im August dem Eilantrag eines Elternpaares stattgegeben hatte, für seinen Sohn die Reform auszusetzen. Eine Beschwerde des Kultusministeriums wies das OVG zurück.
Die Eltern des Erstkläßlers Jan-Dominik Rutsatz begründeten ihre Klage damit, daß ihr Sohn seine Lieblingsbücher nicht mehr richtig lesen könne, wenn ihm die neue Orthographie beigebracht würde. Sie hatten beantragt, dem Land per einstweilige Anordnung zu untersagen, Jan- Dominik die neue Rechtschreibung zu lehren. Eine Entscheidung über die eigentliche Klage steht noch aus; sie muß in erster Instanz vom Verwaltungsgericht Dresden gefällt werden.
Das OVG wertete es als „Instrumentalisierung der Schule und der Schüler“, wenn die neue Schriftsprache über die Schüler in die Gesellschaft getragen werde. Dies sei der bisherigen Rechtsordnung fremd und hätte einer „gesetzgeberischen Leitentscheidung“ bedurft. Da diese fehle, dürfte die Reform gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip verstoßen.
Der Vorschlag von Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP), die zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz vereinbarte Reform wegen Widerstands aus der Bevölkerung zu stoppen, findet in Wien keine Gegenliebe. Es gebe „keinen Bedarf“, sich zusammenzusetzen und „eine politische Lösung zu finden“, ließ Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) gestern erklären. (Az.: 2 S 610/97)
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