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Brazzavilles neuer Herrscher stellt Kabinett vor

■ In Sassou-Nguessos „Regierung der nationalen Einheit“ sitzen vor allem seine Anhänger

Berlin (taz) – Zweieinhalb Wochen nach seinem Sieg im Bürgerkrieg von Kongo-Brazzaville hat der neue Machthaber, Denis Sassou-Nguesso, gestern eine „Regierung der Nationalen Einheit“ vorgestellt, in der die wichtigsten Posten bei seinen engen Vertrauten liegen. So ist der Innenminister ein Cousin Sassou-Nguessos, Pierre Oba. Anhänger des gestürzten Präsidenten Pascal Lissouba besetzen nur untergeordnete Posten – höchstrangiger unter ihnen ist ein Staatsminister für Wirtschaftsförderung, Paul Kaya.

Sassou-Nguesso, bis 1992 Militärdiktator von Kongo-Brazzaville, hatte Mitte Oktober nach viermonatigem Kampf gegen seinen gewählten Nachfolger Lissouba mit Hilfe des Nachbarlandes Angola die Hauptstadt erobert. Nach seinem Sieg kündigte Sassou-Nguesso zunächst an, eine Übergangsregierung auf breiter Basis bilden zu wollen. Kontakte mit den Anhängern des gestürzten Lissouba und dessen Premierminister Bernard Kolelas verliefen jedoch offenbar erfolglos. Nicht hilfreich war wohl Sassou-Nguessos Ankündigung, Lissouba und Kolelas gehörten wegen „Völkermords“ vor Gericht gestellt. Auch die geplante Redemokratisierung ist inzwischen zweifelhaft. Bei seiner formellen Selbstinthronisierung als Staatschef am 25. Oktober kündigte Sassou-Nguesso lediglich die Bildung eines „Nationalen Forums für Einheit und Demokratie“ an, um „die Dauer, den Inhalt und die Modalitäten der Übergangsregierung“ zu bestimmen.

Die gestürzten Machthaber rufen derweil aus dem Exil zum Widerstand auf: Lissouba aus Burkina Faso, Kolelas aus Elfenbeinküste. Ihre Milizen in Kongo-Brazzaville kämpfen noch immer im Süden des Landes. Lissouba kündigte am Wochenende eine Reise in die USA an, um Unterstützung zu mobilisieren. Im Bürgerkrieg in Brazzaville hatte Sassou-Nguesso nach Überzeugung Lissoubas Unterstützung aus Frankreich erhalten.

Tatsächlich ist das Verhalten der ehemaligen französischen Kolonialmacht gegenüber dem neuen Herrscher in Brazzaville auffallend zuvorkommend. Paris begrüßte die neue Regierung bereits letzte Woche, bevor sie überhaupt gebildet wurde. Schon wenige Tage nach dem Einmarsch von Sassou-Nguessos Truppen in Brazzaville schickte Frankreichs Regierung humanitäre Helfer zur Einrichtung eines Feldlazaretts in die Stadt – auf Empfehlung von Präsident Jacques Chirac, einem alten Freund Sassou- Nguessos aus dessen Zeiten als Militärdiktator. D.J.

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