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Keine Schutzzone für den öffentlichen Dienst

■ Nachdem zu Wochenanfang der Beschäftigungspakt für den öffentlichen Dienst geplatzt ist, panzern sich die Kontrahenten für die nächste Runde. Beide zeigen sich völlig kompromißlos

Stuttgart (AFP/taz) – Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) mag es militärisch ausdrücken: „Waffengleichheit“ habe er hergestellt. Als Verhandlungsführer der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hatte er am Montag alles daran gesetzt, die vorgezogenen Tarifgespräche scheitern zu lassen.

Als Knackpunkt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ÖTV und DAG hatte sich die Forderung von Bund, Ländern und Gemeinden erwiesen, über das Thema Lohnfortzahlung bei Krankheit und die Zusatzversorgungen zu verhandeln. Die Gewerkschaften hatten es strikt abgelehnt, die Verhandlungen zur Beschäftigung mit diesem Thema zu verknüpfen. Herbert Mai, Chef der ÖTV, bemerkte gestern, das Scheitern der Gespräche habe das Ansehen beider Tarifparteien erheblich beschädigt.

Nun positionieren sich die Kontrahenten neu. Am 15. Januar kommenden Jahres beginnen in Stuttgart die regulären Tarifverhandlungen. Dann kommen die umstrittenen Forderung abermals auf den Tisch. Den Gewerkschaften ist an der Schaffung neuer Stellen gelegen, ferner wollen sie kürzere Wochenarbeitszeiten, eine Regelung zur Altersteilzeit und den Abbau von Überstunden durchsetzen. Zu Lohnkürzungen allerdings sind sie nicht bereit.

Innenminister Kanther erklärte gestern: „Um den öffentlichen Dienst kann kein Schutzzaun mehr gezogen werden, er muß behandelt werden, wie alle anderen Branchen auch.“ Lohn- und Gehaltskürzungen, die Beschäftigten in der freien Wirtschaft zugemutet werden, müßten auch von Beamten, Arbeitern und Angestellten hingenommen werden. „Warum“, fragte er, „soll ein kommunaler Bauarbeiter im Gegensatz zu seinem Kollegen in der Wirtschaft weiter Schmutzzulage bekommen, wenn er im weißen Krankenbett liegt?“ Kanther fordert für den öffentlichen Dienst die gleiche Lohnfortzahlungsregelung im Krankheitsfall wie sie im Baugewerbe gilt. Dort werden den Beschäftigten in den ersten drei Krankentagen 20 Prozent des Lohns gekürzt. Auch an die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes wollen die Arbeitgeber heran. Die Kosten für die Zusatzrente, die sie allein tragen, explodieren. In der Kasse fehlen bald zwei Milliarden Mark. Die Gewerkschaften halten Kürzungen in diesem Bereich für eine „Provokation“.

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